Qualifizierungsprogramm Comeback erleichtert Müttern in Hamburg den Wiedereinstieg ins Berufsleben

Eine Lounge-Ecke am Empfang, eine Bar mit frisch gemixten Smoothies sowie ein traumhafter Blick über die Hamburger City: In diesem Ambiente wird Susanne Mailand künftig arbeiten, als Projektmanagerin des Fitnessclubs mei:do. „Ich freue mich riesig“, schwärmt Mailand über ihre neue Aufgabe.

Und die blonde Hamburgerin ist nicht nur wegen des attraktiven Arbeitsumfeldes so zufrieden: Neun Jahre lang war sie als Mutter raus aus dem Berufsleben, kümmerte sich um Henri, Linda und Toni. Zuletzt allein, denn die Beziehung zum Vater scheiterte, und bei drei Kindern war für sie an eine feste Anstellung nicht zu denken. „Die Betreuung hätte nicht ausgereicht, und ich habe auch keine Eltern in der Nähe, die mir helfen könnten“, sagt die gelernte Einzelhandelskauffrau.

Der Neustart gelang Susanne Mailand durch das Qualifizierungsprogramm Comeback und wurde leichter, weil die Kinder in der Schule inzwischen länger am Tag ohne ihre Mutter auskommen können. Dieser Mix aus Weiterbildung und Betreuung für die Kinder ermöglicht Susanne Mailand den Wiedereinstieg in den Beruf. Und er bedeutet für immer mehr Firmen in Hamburg die Chance, das Potenzial von Menschen zu nutzen, die dem Arbeitsmarkt bisher nicht zur Verfügung standen. „Es ist dringend notwendig, Wiedereinsteigerinnen zu mobilisieren“, fordert Michaela Bagger, Vizechefin der Hamburger Agentur für Arbeit. „Von 2020 an sinkt auch in Hamburg das Erwerbspotenzial dramatisch“, beschreibt Michaela Bagger die Lage.

Laut einer aktuellen Studie der Robert Bosch Stiftung kommt es in Deutschland zudem noch stärker als in anderen OECD-Ländern zu einer massiven Alterung der Bevölkerung. „Die Zahl der Menschen im Kernerwerbsalter von 20 bis 65 Jahren geht demnach in den nächsten 15 Jahren um zwölf Prozent oder 6,1 Millionen zurück“, sagt Margit Haupt-Koopmann, Chefin der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit.

Große Unternehmen der Hamburger Wirtschaft wie Otto sehen bereits Handlungsbedarf und fördern das sogenannte Diversity Management mit dem Anspruch, soziale Vielfalt konstruktiv zu nutzen. „Eines unserer Ziele ist es, junge Frauen trotz der Elternzeit im Beruf zu halten“, sagt Sandra Widmaier, Direktorin Konzern Personal der Otto Group. Die Mitarbeiterinnen würden weiter per Mail über Ereignisse in der Firma informiert, zu Veranstaltungen ihres Arbeitgebers eingeladen und damit ermuntert, „einen Fuß in der Tür zu behalten“, sagt Widmaier. Die Möglichkeit, beim Wiedereinstieg flexible Arbeitsmodelle wie Heimarbeit zu nutzen, würde den Frauen aktiv angeboten.

Auch Kathrin Adlkofer, die Susanne Mailand in ihrem Fitnessstudio mei:do eingestellt hat, ist sich darüber bewusst, dass die Arbeit mit Müttern Kompromisse und oft eine besondere Unternehmenskultur erfordert. Ein Entgegenkommen von beiden Seiten. Das Projekt Comeback von der Hamburger Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e. V. (KWB), bei dem Mailand wieder fit für den Beruf gemacht wurde, ermöglichte neben Softwareschulungen und BWL-Kursen auch ein Praktikum, das die 40-Jährige bei mei:do absolvierte. „Dabei konnten wir uns erst mal kennenlernen, und das hat mich überzeugt“, sagt mei:do-Gründerin Adlkofer. Die Unternehmerin ist selber Mutter von zwei Kindern und setzt darauf, dass Frauen mit Familie sich durch effiziente Planung, gute Organisation und Einsatz nicht nur im stressigen Alltag zwischen Haushalt, Kita und Schule auszeichnen, sondern diese Talente auch im Beruf nutzen. Außerdem möchte Adlkofer, eine ehemalige Segelweltmeisterin in der 470er-Klasse, auch in der Gesellschaft ein Umdenken fördern. „Sätze wie ,schaffst du das denn beides, kommen da die Kinder nicht zu kurz?‘“, empfindet Adlkofer als nicht mehr zeitgemäß.

Gegenwärtig leben in Hamburg 45.000 Familien mit Kindern unter 18Jahren und einem alleinerziehenden Elternteil – mehr als jede vierte Familie. Fast 32.000 Alleinerziehende gehen einem Beruf nach. Zugleich sind Alleinerziehende aber auch überdurchschnittlich oft arbeitslos und bedürfen staatlicher Hilfe.

Für Susanne Mailand bedeutet ihr Job im Fitnesscenter nicht nur finanzielle Unabhängigkeit, sondern auch mehr Selbstbewusstsein: „Jetzt bin ich wieder unser Ernährer“, sagt die in Groß Borstel lebende Hamburgerin. „Und das macht mich richtig stolz.“