Die Geschichte der alten Deutschen und der neuen Deutschen kann man auch anhand des Balkangrills und des Dönerladens erzählen: Wie Fremde unser Land bereicherten und welche von uns wurden. Es sind schon Doktorarbeiten über die soziale Funktion der Pizzerien und Co. für das Zusammenleben der Zuwanderer und der Eingeborenen geschrieben worden; „Essen verbindet", denke ich und nehme im L’Amira Platz.

Hier gibt es Falafelteller, Pita mit Schawarma oder mariniertem Hähnchen – unter anderem. Aber im ewigen Kampf gerade der orientalischen Restaurants gegen das Imbiss-Image fährt das in einem schmucklosen Gebäude in einer Farmsener Straße namens Neusurenland beheimatete L’Amira kulinarische Geschütze auf: „Die feine syrische Küche" steht auf der Speisekarte. Die zeugt von gastronomischem Ehrgeiz und führt Entenbrustfilet auf Feigen-Senf-Mandel-Sauce mit Gemüse und Basmatireis („Batta bil Tyn", 14,90 Euro) oder Riesengarnelen auf Apfel-Curry-Sauce mit Ratatouillegemüse und Safranreis („Jambari“, 15,50Euro). Als Vorspeise könnte man „Nakanik“ wählen, hausgemachte Lammwürstchen vom Grill (6,50 Euro). Ich entscheide mich aber für den Mittagstisch (täglich wechselnd, wie es so schön heißt) und speise fleischlos: Babykarottenerbsenreisauflauf mit frischem Joghurt und Krautsalat für sechs Euro. Keine Riesenportion, denn die gehobene Esskultur rechnet ja mit geringen Mengen. Ich bin zufrieden. Der Teller ist liebevoll angerichtet, und das köstliche Essen schöpft seinen Reiz aus den Gegenspielern „süß“ und „würzig“, weil die morgenländische Küche ja raffiniert mit Beigaben arbeitet: Datteln, Rosinen, Nüssen.

Das L’Amira ist ein kleines Lokal. Drinnen mögen maximal 30 Personen Platz finden, es dominiert klassisches Schwarz. Leider ist die Straße, an der das Restaurant liegt, nicht unbedingt wenig befahren. Das nervt jedoch selbst wenn man draußen sitzt nicht übertrieben. Guter Service ist unauffällig, und so ist diese kulinarische Entdeckung im nordöstlichen Farmsen auch in dieser Hinsicht zu loben. Wenn man aus der Stadtmitte, aus der Schanze oder Eimsbüttel, wo es von Hamburch-Ciddy-Stylern wimmelt, nach Farmsen kommt, merkt man, dass es auch mal ganz angenehm ist, wenn Menschen nicht dick auftragen. Wenn es nicht um modisches Show’n’Shine geht, sondern um Normalität, sollte es so etwas geben.

L’Amira täglich 12.00–23.00, Neusurenland 101 (U Farmsen + Bus 27), T. 73 08 86 53; www.lamira-syrisch.de