Albertinen-Stiftung ermöglicht Mädchen und Jungen aus Afghanistan lebenswichtige Operationen

Geheuer ist den Kindern der Rummel am Hamburger Flughafen nicht. Ihre Blicke sind skeptisch, sie sind erschöpft, ganz sicher haben sie Heimweh und vielleicht auch ein bisschen Angst, als ihre Maschine aus Kabul mit Zwischenstopp in Dubai in Fuhlsbüttel gelandet ist.

Für neun kleine afghanische Mädchen und Jungen zwischen sechs und 13Jahren ist es eine weite und wichtige Reise: Sie werden drei Monate lang in der Hansestadt bleiben und hier eine lebensrettende Herzoperation bekommen. Sie alle sind so schwer krank, dass es für sie fast unmöglich wäre, ohne den Eingriff das Erwachsenenalter zu erreichen – und in ihrem Heimatland sind die medizinischen Möglichkeiten gering. Deshalb kommen sie innerhalb des von der Albertinen-Stiftung initiierten Projekts „Herzbrücke“ nach Hamburg. 2005 wurde es ins Leben gerufen und hat seither schon 99 Kindern eine Zukunft geschenkt.

„Mir fällt jedes Mal ein Stein vom Herzen, wenn ich höre, dass unser Team mit den Kindern sicher gelandet ist“, sagte Fokko ter Haseborg, Vorstandsvorsitzender der Albertinen-Stiftung erleichtert. Denn tatsächlich ist zum einen riesiger bürokratischer Aufwand nötig, um die Kleinen nach Deutschland zu holen. Die Vorbereitung dauert vier bis fünf Monate. Und dann müssen auch noch die Eltern zustimmen, die oft Angst haben, ihre Kinder in die Obhut fremder Menschen zur Reise in ein fremdes Land mitzugeben.

„Wir müssen in Afghanistan viel informieren und viele Gespräche führen“, erzählt Alberto da Silva Correia, der seit Projektstart als ehrenamtlicher Flugbegleiter mit an Bord ist. Auch dieses Mal war er wieder in Kabul, um die kleinen Patienten sicher nach Deutschland zu bringen. Immer wieder erlebt er dabei schöne Momente. „Sie hätten mal die leuchtenden Augen sehen müssen, als die Kinder beim Zwischenstopp in Dubai zum ersten Mal in ihrem Leben mit der Rolltreppe gefahren sind“, lacht er. Wenn die Kinder kommen, haben sie kein Gepäck und besitzen nur, was sie gerade am Leib tragen. Zurück kommen sie meist mit zwei Koffern –„und manchmal mit einem Fahrrad“.

In Hamburg leben sie dann bei Gastfamilien. „Handverlesen“, sagt Friedrich-Christian Rieß, medizinischer Leiter des Projektes und Chefarzt in der Klinik für Herzchirurgie des Albertinen-Krankenhauses. Auch er und seine Frau nehmen jedes Jahr eines der Kinder auf. In der Stadt stehen die Familien in ständigem Kontakt zu Dolmetschern, die zur Not auch nachts zum Übersetzen bereit sind.

Es werden immer zwei Kinder gleichzeitig operiert, damit sie danach auch zusammen auf der Intensivstation liegen können. „Das hilft nicht nur den Kindern, sondern auch den Gasteltern, die sich dann gegenseitig stützen und mit Nachtwachen ablösen können.“ Obwohl es sich um eine Herz-OP handelt, seien die Kinder schnell fit. „Nach ein paar Tagen flitzen sie schon wieder über die Klinik-Flure“, sagt Rieß.

Dann endlich können die Kinder Hamburg, Deutschland und manchmal sogar noch mehr von Europa genießen. „Wir wollen ganz bewusst den Kontakt zu Kitas, Schulen und Familien“, sagt Rieß. Jedes Kind erzeuge eine Welle: In den Schulen fänden sich schnell andere Eltern, die Spenden-Aktionen und Basare organisieren und so auf das Projekt aufmerksam machen. Eine zweite Welle folge in Afghanistan, wenn die Kinder zurückkehren und von Hamburg berichten. Rieß: „So haben wir viele kleine Botschafter in dem Land.“

Mir fällt jedes Mal ein Stein vom Herzen, wenn ich höre, dass unser Team mit den Kindern sicher gelandet ist.