Das vom TÜV genehmigte Gefährt wird bis November durch die Hansestadt touren und vor Kleingartenanlagen haltmachen

Mitten in Sasel laufen an diesem Herbstmorgen Chinesische Seidenhühner über das taunasse Gras einer Streuobstweise. Während das Federvieh gerade vor einem Habicht flüchtet, drückt Hans-Ulrich Kubina, 62, einen Knopf auf seinem neuen Pkw-Anhänger. Ein feines, teures Teil aus Edelstahl und gut 2,8 Tonnen schwer.

Die Augen von Kubina und all der anderen, die auf dem 2,5 Hektar großen Areal versammelt sind, strahlen. Nachbarn und Freunde sind voller Erwartung. Dann schüttet jemand Hunderte von Äpfeln der Sorte „Ruhm aus Kirchwerder“ auf ein kleines Fließband, das Kubina gerade in Gang gesetzt hat. Die aromatischen Äpfel werden von der Anlage auf dem Pkw-Anhänger gewaschen, zerkleinert und gepresst. An einem Behälter steht Elke Nitz, die Pächterin der Streuobstwiese, auf der rund 100 alte Apfelsorten wachsen.

Sie greift zu einem Glas und schöpft daraus frisch gepressten Apfelsaft. „Lecker!“, sagt sie. Keine zehn Minuten hat die Prozedur gedauert – die gelungene Premiere von Hamburgs erster mobiler Mosterei. Das vom TÜV genehmigte Gefährt wird bis November durch die Hansestadt touren und vor Kleingärtenanlagen, Botanischen Gärten und in ländlichen Regionen aufkreuzen. Wer über eigenes Obst verfügt, kann es dort pressen lassen. In nur 20 Minten werden aus 100 Kilogramm Äpfeln frischer Most. Supermarkt? Das war gestern. Der moderne Apfelbaum-Besitzer bringt seine Ernte in eine Mobile Mosterei. Vorzug: Anders als bei fixen Firmen gibt es hier Saft aus den eigenen und nicht aus fremden Äpfeln.

Nach dem Waschen, Zerkleinern und Pressen wird die Ernte auf dem Anhänger bei 79 Grad Celsius erhitzt und wie Milch pasteurisiert. Am Ende erhält der Kunde kleine Bags in bunter Verpackung und einjähriger Haltbarkeit. „Wir pressen köstlichen Saft aus Ihren Äpfeln“, preist der studierte Geograf und Unternehmer Hans-Ulrich Kubina die neue Mosterei an. Seit gut zehn Jahren engagiert sich der Umweltexperte für die Renaissance der alten Apfelsorten. Sie tragen Namen wie Finkenwerder Prinz, Horneburger Pfannkuchenapfel und Zabergäurenette. Als Organisator der Norddeutschen Apfeltage, die alle zwei Jahre in Ammersbek stattfinden, hat sich Kubina in der Branche einen Namen gemacht. Nun will er noch mehr für die Verbraucher tun. „Wir“, sagt er, „können die Menschen nicht nur aufrufen, alte Apfelsorten anzubauen. Wir müssen ihnen auch Möglichkeiten für eine vielfältige Verwertung geben.“

Deshalb kam er vor gut einem Jahr auf die Idee mit der mobilen Mosterei. Mit gut 30.000 Euro EU-Fördermitteln kaufte Kubina bei einem Spezialunternehmen in Heilbronn die Anlage samt Pkw-Zuhänger. Sie ist gut drei Meter hoch, zwei Meter breit und rund vier Meter lang. „Sechs Stunden lang wurde ich von Experten in Heilbronn für die Bedienung eingewiesen.“ Danach trat er die Rückfahrt an. Mit Tempo 60 zog sein Landrover die tonnenschwere Fracht über die Kasseler Berge. Bis er nach elf Stunden Fahrzeit endlich auf der Saseler Streuobstwiese eintraf.

Dort steht nun die mobile Mosterei, die mit einem grünen Dach vor Wind und Wetter geschützt ist. Zur Anlage gehören ein Waschelevator mit Rätzmühle, eine Einbandpresse, zwei Edelstahltanks, ein Öl-Pasteur mit Röhrwärmetauscher und eine Box mit Abfüllanlage.

„Dieses Jahr sehe ich noch als Markteinführung an“, sagt Kubina. „Aber im nächsten soll es richtig losgehen.“ Was er dafür braucht, sind Kunden mit viel Obst. Vor Ort sind zudem Anschlüsse für Kraftstrom, Frisch- und Abwasser notwendig. Pro Bag und längere Haltbarkeit verlangt er 5,50 Euro (5 Liter). Wer den Saft für den sofortigen Verzehr genießen will, zahlt 60 Cent pro Liter. Die Leistung der gesamten Anlage liegt bei rund 300 Liter pro Stunde für Kernobst. „Es werden auch relativ kleine Mengen durchgesetzt, so dass Besitzer weniger Obstbäume die Chance bekommen, aus ihrem Obst eigenen Saft pressen zu lassen.“

Bleibt nur die Frage, was aus der Apfel-Maische wird. „Darauf“, sagt Kubina, „freuen sich schon die Schafe, aber auch die Gärtnereien, die daraus Kompost machen wollen.“ Und es gibt weitere Pläne: Vielleicht gehört bald zur Mobilen Mosterei auch ein kleiner Imbiss, der leckeres Apfelbrot feilbietet.

Weitere Informationen im Internet (www.saft-mobile.de) oder unter der Rufnummer 04046063992.

Auch Besitzer weniger Obstbäume bekommen die Chance, aus ihrem Obst eigenen Saft zu pressen.