US-Präsident startet Werbekampagne für Eingreifen in Syrien, muss aber um Zustimmung im Repräsentantenhaus bangen. SPD wirft Merkel „Totalausfall“ der Diplomatie vor.

Washington. Mit einer außergewöhnlichen Kampagne will US-Präsident Barack Obama den Widerstand im eigenen Land gegen seine Pläne für einen Militärschlag gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad überwinden. Am heutigen Montag gibt er sechs Fernsehsendern Interviews, am Dienstagabend hält er eine Rede an die Nation. So will der Präsident sich die Zustimmung des Kongresses zu einer Militäraktion sichern. Der US-Fahrplan für die Vergeltungsaktion wegen der mutmaßlich vom Assad-Regime angeordneten Giftgasangriffe mit mehr als 1400 Toten sorgt bei Verbündeten für Skepsis. Deutschland stimmte erst mit einem Tag Verzögerung einer von den USA eingebrachten Syrien-Erklärung zu.

Obamas Syrien-Pläne treffen auf offenen Widerspruch in weiten Teilen der US-Bevölkerung. Viele Bürger befürchten, dass ihr Land wieder in einen Krieg gezogen wird. Das Weiße Haus hat den Einsatz von Bodentruppen bereits ausgeschlossen. Obama muss fürchten, dass der Kongress einen Waffengang nicht billigen wird. Laut US-Medien zeichnet sich vor allem im Repräsentantenhaus (435 Mitglieder) breiter Widerstand ab. 218 Abgeordnete hätten bereits zu erkennen gegeben, dass sie gegen eine Militäraktion stimmen werden oder zu einer Ablehnung neigen. Im Senat stehen die Chancen zwar besser, aber auch hier muss Obama zittern.

Die zwischenzeitliche Weigerung Deutschlands vom Freitag, sich der am Rande des G20-Gipfels in St. Petersburg präsentierten Erklärung anzuschließen, sorgte international für Aufsehen. Während die Bundesregierung darauf verwies, zunächst einen innereuropäischen Konsens erzielen zu wollen, hatten die anderen großen EU-Staaten Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien die Erklärung unterzeichnet. Mit Blick auf Giftgas-Einsatz wird darin zu „einer starken internationalen Antwort auf diesen schweren Verstoß gegen weltweit gültige Normen“ aufgerufen. Deutschland schloss sich der Erklärung erst am Sonnabend an, nachdem sich die EU beim Außenminister-Treffen in Vilnius auf eine gemeinsame Position geeinigt hatte.

Die SPD wirft Merkel nun einen Zickzackkurs vor. Die späte Zustimmung Deutschlands zur Syrien-Erklärung sei „ein Totalausfall der deutschen Außenpolitik“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel, er warf Merkel diplomatisches Versagen vor. „Die angeblich mächtigste Frau der Welt hat in St. Petersburg nicht einmal ein Gespräch mit Russlands Präsidenten geführt“, sagte er dem „Spiegel“. Russland ist bisher nicht bereit, Assad fallen zu lassen und blockiert mit China den Uno-Sicherheitsrat. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem unwürdigen Hin und Her bei der Gipfelerklärung: „Die Bundesregierung findet keinen Standpunkt und verliert sich in wahltaktischen Überlegungen.“ Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen gegen einen Angriff, den auch die SPD ablehnt. Auch Grünen-Parteichefin Claudia Roth sprach von einem „abenteuerlichen Zickzackkurs“ der Regierung. Die Linke sieht in der Erklärung einen „Beitritt zur Koalition der Kriegswilligen“.