Die Hansestadt entwickelt sich zum norddeutschen Knotenpunkt für Fernbusse. Neue Strecken vorgestellt

Im Gewimmel der Reise- und Linienbusse auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Hamburg sticht der Wagen von MeinFernbus mit seinem leuchtenden Grün hervor. Fahrer Sören Bauk, 41, trägt die grün-orange gestreifte Krawatte des erst Mitte 2011 gegründeten Unternehmens. Auf das Display an der äußeren Busfront hat Bauk jedoch kein Ziel eingegeben, sondern es beim Namen des Unternehmens belassen. Dennoch hat MeinFernbus ein neues Ziel fest im Blick. Seit dem 29. August wird die Hansestadt von den Berlinern per Linienbus mit der Hauptstadt verbunden.

Die neue Linie mit Stopp in Hamburg führt von Kiel über Kaltenkirchen in die Hansestadt und endet an der Spree. „Die Fahrten können online, in Hamburg bei mehr als 40 Reisebüros oder direkt bei den Fahrern gebucht werden“, sagt Göran Schwind, der Leiter der Geschäftsentwicklung von MeinFernbus. Die Preise nach Kiel schwanken je nach Auslastung zwischen sechs und 12,50 Euro. Nach Berlin sind 15 bis 27 Euro fällig, während ein ICE-Ticket in die Hauptstadt 76 Euro kostet. Bis zu fünf Mal täglich startet ein Bus vom ZOB.

Das Berliner Unternehmen, für das regionale Reise-Unternehmen die Busflotten und Fahrer stellen, gehört zu einer Branche, deren Wachstum derzeit kaum zu bremsen ist. Gerade stellte auch die Deutsche Bahn eine neue Linie zwischen Hamburg und Köln vor. Unter der Marke Berlin Linien Bus werden pro Tag und Richtung vier Verbindungen zwischen den beiden Städten angeboten. Die Preise für die einfache Fahrt liegen bei durchschnittlich 22 Euro, je nach dem Zeitpunkt der Buchung gibt es Angebote von neun bis 37 Euro. Zum Vergleich: Eine IC-Fahrkarte nach Köln kostet 86 Euro. Unterwegs angefahren werden mit dem Bus Bremen, Münster, Essen und Düsseldorf. Künftig soll auch noch ein Halt in Osnabrück dazukommen. Auch die Bahn bietet den Ticketkauf online, über Reisebüros, die Fahrer und einen Schalter im ZOB an.

Anfang November wird in Hamburg auch die Post nachziehen. Sie startet zusammen mit dem Verkehrsclub ADAC neben vier weiteren deutschen Verbindungen eine Linie zwischen Bremen, Hamburg und Berlin. „Einzelheiten wie Fahrpläne oder Preise stehen bisher noch nicht fest“, sagt Post-Sprecher Martin Grundler.

Hintergrund für die Aufbruchstimmung ist die Neuregelung des Wettbewerbs seit Anfang 2013. Bis dahin wurden Busfernlinien nur in Ausnahmefällen zugelassen. Doch mit dem Schutz der Bahn durch das Personenbeförderungsgesetz aus dem Jahr 1935 ist es seit dem 1. Januar vorbei. Einzige Einschränkung: Die neuen Strecken der Busfirmen dürfen nicht kürzer als 50 Kilometer sein und die Reisezeit nicht unter einer Stunde betragen. Schließlich sollen sie auch künftig den Regionalzügen keine Konkurrenz machen. MeinFernbus-Kunden dürfen daher auch nicht die Strecke zwischen Hamburg und Kaltenkirchen buchen.

Die Folgen der Neuregelung sind auch in Hamburg spürbar. So zählte Wolfgang Marahrens, Geschäftsführer beim Hamburger ZOB, vor der Liberalisierung des Verkehrs nur elf Abfahrten pro Tag – alle nach Berlin. „Inzwischen sind es 32, und bis Mitte 2014 könnten es bis zu 100 werden“, sagt er.

Bei den Zielen geht es vor allem in Richtung Berlin, nach Bremen sowie nach Hannover und dann weiter nach Braunschweig und Göttingen, nach Bielefeld und Köln. Nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern dagegen entwickelt sich wenig. „Hier ist die Bahn mit ihren Niedersachsen- oder Mecklenburg-Vorpommern-Tickets günstiger“, sagt der ZOB-Chef.

Der Busbahnhof ist für den Verkehr gerüstet. Er wurde 2003 für 16 Millionen Euro neu gebaut. Bundesweit, so schätzt er, könnten im Fernverkehr in den kommenden Jahren 500 bis 800 Millionen Euro umgesetzt werden. Derzeit liegen die Erlöse noch unter 100 Millionen Euro.

Wie stark das Interesse an den Linien ist, lässt sich bei MeinFernbus ablesen. Obwohl die erste Verbindung mit Sondergenehmigung erst im April 2012 startete, lag die Zahl der Passagiere Anfang des Jahres bereits bei 100.000. Vor Kurzem wurde die Marke von einer Million Fahrgästen übertroffen. Setzten die Kooperationsfirmen Anfang 2013 erst 30 Busse ein, ist inzwischen bereits der 100. Bus mit einem Sonder-Design vorgestellt. „Wir werden 2014 weiter wachsen, weil auch die Busfirmen Kunden mitbringen“, sagt Schwind. Davon geht auch die Bahn aus. „Mit unseren bisher vier Linien lagen wir Ende Juni bei über 340.000 Passagieren und damit deutlich über dem Vorjahreswert“, sagt Alexander Möller, der Sprecher der Geschäftsführung der Bahn-Tochter Autokraft. Konkurrenz zum eigenen Zug-Angebot sieht er durch die neue Linie nicht: „Wir haben mit Studenten, die wenig Geld haben, und Senioren mit ausreichend Zeit andere Zielgruppen.“

Die Fahrten können online, in Hamburg bei mehr als 40 Reisebüros oder direkt bei den Fahrern gebucht werden.