Für ein ungewöhnliches Projekt tauscht Modefotograf Tobias Lang Models gegen Exoten aller Art

Diesmal steht sie im Mittelpunkt – und Pippa ist furchtbar aufgeregt. Den Mund weit geöffnet, die Zunge hängt raus, sie sabbert sogar ein wenig. Alles nicht so schlimm, denn Pippa ist ein Retrieverpudel-Mischling, und da ist sabbern erlaubt. An diesem Tag ist sie mit ihrer Besitzerin Lisa Reimnitz beim Fotografen Tobias Lang zu Gast. Vor einem halben Jahr begann der 45-Jährige, eigentlich in der Modefotografie beheimatet, Kasimir, den Kater der WG, zu fotografieren. Der setzte sich ständig auf einen Holzblock im Wohnzimmer, und Lang begann das Tier abzulichten. Die Bilder fanden Gefallen in seinem Freundeskreis.

Nach Kater Kasimir wollten immer mehr Freunde ihr Tier bildlich festhalten lassen und das Projekt „Your pet and you“ war geboren. Dabei fotografiert Lang das Tier und seine Besitzer immer separat, schneidet sie später zusammen. „Ich möchte Tier und Mensch als individuelle Charaktere darstellen, die aber trotzdem miteinander kommunizieren“, sagt Lang, der bewusst eine Kuscheltieratmosphäre vermeiden will. Auch deshalb setzt er auf eine Schwarz-Weiß-Optik, da dies weniger ablenke und die Bilder auf das Wesentliche reduziere. So entsteht eine gewisse Ästhetik, mit der sich Lang vom Einheitsbrei der Tierfotografie abgrenzen will. „Das Bild wirkt nicht durch die Farbe, sondern durch die Erscheinung seiner Protagonisten“, sagt Lang.

Das ganze Projekt entwickelte via Facebook eine Eigendynamik, über 2300 Gefällt-mir-Angaben hat er mittlerweile gesammelt. Zwar gebe es Anfragen aus der ganzen Welt, wirkliches Geld verdient Lang aber nicht mit den Tieraufnahmen. „Es ist komplett Non-Profit, ich sehe das als Kunstprojekt.“ Geht es nach ihm, mündet „Your pet and you“ am Ende in ein Buch. Mit einem Prototypen ist er im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse und hofft auf positive Resonanz der Verlage.

Tobias Lang war nicht immer Fotograf. Der 45-Jährige war Friseur, arbeitete in einem Lampengeschäft und verdiente gutes Geld in der IT-Branche. Vor rund sechs Jahren warf er dann seinen IT-Job hin. Lust auf etwas Neues. Er nahm ein halbes Jahr Auszeit, um sein Leben zu ordnen, dann begann er eine Lehre als Fotograf – mit 40 Jahren. Und drückte mit Klassenkameraden die Schulbank, die locker seine Kinder hätten sein können. Am Ende der selbst finanzierten Ausbildung war er pleite – und kam nach Hamburg. Zwar ist Tobias Lang hier geboren, sein ganzes Leben verbrachte er aber in München. Seit drei Jahren lebt und arbeitet er nun in der Hansestadt als Fotograf. „Es ist ein schwieriges Business, aber ich habe mir fünf Jahre gegeben, dann ziehe ich ein erstes Fazit.“ Derzeit komme er „gut über die Runden“. Mit seinen beiden Mitbewohnern wohnt er in einer WG in der Rothenbaumchaussee. „Das ist zwar nicht meine Idealvorstellung, aber ich bin erst seit vier Jahren Fotograf und somit ja quasi noch Berufsanfänger.“

Während er als IT-Manager hart buckeln musste, hat er sein Dasein als Fotograf nie als Beruf angesehen. „Das Fotografieren ist für mich keine Arbeit“, sagt er. Er ist sein eigener Chef. Und wenn er Stress hat, dann nur den, den er sich selber macht. Dennoch ist der 45-Jährige enorm ehrgeizig und will einfach einen guten Job machen. Wenn möglich auf Empfehlung, sich aufdringlich anzubiedern ist nicht seins. „Ich tendiere schon zur Sturheit und will mich nicht unter Wert verkaufen“, sagt Lang. Für sein geplantes Buch hat er bereits viele ungewöhnliche Tiere abgelichtet: Frösche, Papageien, Leguane und sogar eine Vogelspinne. Dennoch sucht Lang weiter nach Exoten. Hunde und Katzen hat er genug: „Ich hätte unheimlich gerne ein Huhn, auch ein Erdmännchen wäre super.“

So brav, wie Retrieverpudel-Hündin Pippa an diesem Tag auf dem Holzblock sitzt, seien die Tiere selten, sagt Lang. Mal habe eine Katze ihren Besitzer regelrecht „zerfetzt“, als der sie aus der Transportbox holte. Das größere Problem seien aber ohnehin die Besitzer. „Der normale Mensch ist vor der Kamera erst mal gehemmt“, sagt Lang. Dem müsse er anfangs die Scheu nehmen, um den Moment festzuhalten, in dem der Mensch „zumindest zu 20 Prozent er selbst ist“. Hinzu komme, dass der Mensch an sich ein sehr eitles Wesen sei. Das Problem hat Pippa zum Glück nicht, auch wenn sie hin und wieder sabbert.