Hamburgerin ist eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen. Das ZDF verfilmt jedes ihrer Bücher

Schwer zu sagen, welcher Teil des Trios von der Zusammenarbeit am meisten profitiert. Die Autorin? Das ZDF? Die Zuschauer? Fest steht, dass die Romane von Dora Heldt nicht nur im Buchhandel zu den großen Verkaufsnummern zählen. Auch als Fernsehadaptionen locken sie Millionen Komödienfreunde am Sonntagabend vor den Bildschirm. Warum das so ist – der Antwort auf diese Frage kommt man am Dammtor-Bahnhof ein Stück näher. Hier entsteht die nunmehr sechste Verfilmung eines Dora-Heldt-Romans, die im Original heißt wie in der Fernsehvariante: „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen“. Für Interviews klettert man in den beigefarbenen Reisebus mit Polyestergardinen, in dem auch die Hauptdarsteller, das odd couple Walter und Heinz, ihre Butterfahrt an die Schlei antreten.

Als der Motor mit einem Mal mit lautem Schnaufen angeworfen wird, ruft Dora Heldt in Richtung Busfahrer: „Sie wissen schon, dass wir hier sitzen, oder?“ und schickt ein kehliges, ansteckendes Lachen hinterher.

Sie hat auch gut Lachen. „Dora Heldt ist die neue Hera Lind“ hat eine Zeitung geschrieben, was nur insofern stimmt, als auch Heldts Unterhaltungsliteratur einem auf Strandliegen und in den Gepäcknetzen der Deutschen Bahn begegnet, auf Geburtstagsgabentischen und in den Kioskregalen starkfrequentierter Urlaubsorte. Ansonsten haben Tante Inge und Onkel Heinz wenig zu tun mit Linds Heldinnen, die sich alle naselang einen Verzweiflungsprosecco hinter die Binde kippen. „Eine Zeitlang war es schick, Romane zu lesen, die in Timbuktu oder New York spielten. Die Leser hatten Sehnsucht nach Alltagsgeschichten, in denen die Männer aussehen wie der eigene Freund“, sagt Dora Heldt, geboren auf Sylt, heute in Hamburg zu Hause.

Heldts Buchtitel bewegen sich in einer diffusen Grauzone zwischen eingängig und schwer vermittelbar. „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“ klingt wie die Schlussfolgerung eines Erstklässlers, ist aber das Ergebnis einer wochenlangen Denkaktion von Verlagsmitarbeitern, Agenten und Testlesern. „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“ sprang gleich nach Erscheinen auf Platz eins der Bestsellerlisten, wo es sich, ein paar Plätze weiter unten, locker ein Jahr lang hielt. An dieser Stelle kommt das öffentlich-rechtliche Fernsehen ins Spiel, das eine Schwäche hat für hohe Verkaufszahlen gepaart mit knackigen Verpackungen. Mit den Heldt-Verfilmungen traf das ZDF ins Schwarze. „Tante Inge haut ab“ schlug sogar den Hamburg-„Tatort“ mit Mehmet Kurtulus, der zur gleichen Zeit in der ARD lief; verhältnismäßig viele Junge und mehr Männer als üblich. „Die Geschichten sind alltagsnah und haben einen schönen Witz, der nah dran ist am Zuschauer“, beschreibt es ZDF-Redakteur Alexander Tung.

Gefallen Dora Heldt, die eigentlich Bärbel Schmidt heißt, die Filme? Absolut, sagt sie. Gleichzeitig ist sie sich bewusst, dass dies ein Geschäft ist, in dem wenig Spielraum ist für sensible Künstlerseelen: „Wenn man empfindlich ist, darf man es nicht machen. Fernsehen ist nun mal ein gänzlich anderes Medium, für das andere Bedingungen gelten“, sagt Heldt. „Die können hier ihren Job. Ich habe keine Ahnung, wie und wo eine Kamera aufgebaut werden muss, damit schöne Bilder herauskommen. Es gibt nichts Schlimmeres als Leute, die ständig reinquatschen, obwohl sie keine Ahnung haben.“

Man kann herrlich unaufgeregt mit Dora Heldt über ihr Werk plaudern, während ein paar Sitze weiter Satzfetzen der Schauspielerinnen Yvonne Catterfeld und Stephanie Stumpf herüberwehen, die über darstellerische Ausdrucksmöglichkeiten sinnieren. Dora Heldt erzählt unterdessen – in einem Tempo, als wollte sie beweisen, dass Atempausen überschätzt werden –, dass sie es ganz prima findet, neben dem Schreiben im Außendienst zu arbeiten. Drei Monate ist sie als Verlagsvertreterin unterwegs, wie zu Zeiten, als Bärbel Schmidt noch ausschließlich Manuskripte las, anstatt selbst welche zu tippen; anschließend widmet sie ihre Tage wieder dem Schreiben. „Wenn ich schreibe, freue mich auf den klar strukturierten Tag bei der Verlagsarbeit. Nach wochenlangem Kilometerschinden auf den Autobahnen kann ich es nicht erwarten, wieder am Schreibtisch zu sitzen“, sagt Heldt.

Wer die Autorin kennenlernt, dem fällt der ausgereizte Begriff „geerdet“ ein. Uneitel auch. Unvorstellbar, dass Dora Heldt nach Luft schnappt, weil die Deppen vom Fernsehen ihre in liebevolle Worte gehüllte Bahnhofsszene zu einer sekundenschnellen Einstellung runtergekürzt haben. Das ist nicht selbstverständlich. Nele Neuhaus zum Beispiel regte sich auf ihrer Facebookseite über angeblich unsägliche Drehbücher zu ihren Romanen auf. Charlotte Link war nach einer Handvoll in ihren Augen missglückten Filmen so traumatisiert, dass sie sich jahrelang gegen weitere Verfilmungen sperrte. Beides passt nicht zu Heldt. Sie schreibt lieber.