Das Dockville lädt am Wochenende zu Musik-Entdeckungen von Rock bis Elektro

Mit ihrem neuen Song „Plastic Faces“ regt sich die schwedische Sängerin Miss Li gewohnt trotzig über die Hyperaktivität vieler Menschen im Internet auf. „Ich rufe die Wetterstation an, es regnet Bullshit“, singt sie zu schmissigem Folkpop über die verbalen Ergüsse in den sozialen Netzwerken. Mit ihrem Ruf nach Wahrhaftigkeit ist die 31-Jährige auf dem Dockville-Festival bestens aufgehoben.

Zwar ist die viel zitierte Authentizität im Pop meist auch nur ein Teil des Spiels. Und auf der Elbinsel Wilhelmsburg dürften die anwesenden Fans ihre Erfahrungen am Wochenende ebenfalls reichlich via Twitter und Facebook in Wort und Bild kundtun. Aber in der unmittelbaren, freigeistigen Atmosphäre, die auf dem Open-Air-Gelände am Reiherstieg zu erwarten ist, besteht immerhin die erhöhte Chance, das Geschehen einfach mal „old school“ im Hier und Jetzt zu erleben. Schließlich lautet das Motto des diesjährigen Dockville-Kunstprogramms ja „Unkraut“. Und auch das Musikangebot ist bestens dazu geeignet, Gedanken und Gefühle unvermittelt wuchern zu lassen.

Kurzentschlossene müssen sich allerdings einschränken. Der Festival-Sonnabend ist bereits ausverkauft. Für den Sonntag sind jedoch noch Tagestickets zu haben. Auch zum Finale kann sich das Bühnenprogramm sehen lassen. Neben der bereits erwähnten Miss Li entern noch weitere faszinierende Frauen die Bühnen mit den maritimen Namen Großschot und Vorschot. Die dänische Musikerin Agnes Obel etwa verquickt feinfühliges Pianospiel und tiefgründigen Gesang zu einem emotional aufgeladenen Ereignis. Chanteuse Channy Leaneagh wiederum setzt mit ihrer Band Poliça auf einen Mix von Folk und Effekten, R’n’B und Elektronika. Das Ergebnis ist ein hypnotischer Sound, in dem der trance-artige Gesang den roten Faden bildet, während zwei Schlagzeuge für komplexe Rhythmus-Strukturen sorgen. In andere Sphären zu entführen scheint auch die Stimme von Katie Stelmanis. Die Kanadierin lässt sich in ihrer Performance von den düsteren Beats ihrer New-Wave-Combo Austra antreiben.

Impulsiver und auch heiterer wird es am späteren Sonntagabend hingegen bei Kakkmaddafakka zugehen. Die Norweger sind alte Dockville-Bekannte. Sie kreuzen Rap, Rock und Disco zu einem klanglichen Unkraut, das aufs Schönste erblüht und dessen Konsum zu sofortigem Tanzen führt.

Ohnehin, die Bewegung! Für körperliche Ertüchtigungen hält das diesjährige Dockville zahlreiche Stationen mit entsprechender Beschallung bereit. Im Nest beispielsweise mischt DJ Max Quintenzirkus Balkanbeats, Klezmer und Swing mit Techno zu einem zwingend tanzbaren Sound. Im Maschinenraum wiederum lädt der Hamburger DJ Koze am frühen Abend mit seinen Elektro-Tunes zum Ausrasten, gefolgt von Wohlwill aus Aschaffenburg, der von Indietronic bis Nu-Disco ausschließlich Angesagtes auf die Plattenteller packt.

Und wen die Füße dann noch tragen können, der kann in der Dockville-Location namens Klüse noch stundenlang tanzen, etwa zu DJ-Sets von Tilman Tausendfreund, Katovl Menovski und Cosmic DJ, dessen Turntable-Aktivitäten sage und schreibe von 3 bis 7Uhr morgens angesetzt sind.

Entdeckungen in Sachen „nächstes großes Ding“ lassen sich an diesem Sonntag ebenfalls unternehmen. Heiße Anwärter sind etwa die Pfläzer von Sizarr mit ihrem mondänen Synthiepop oder die Hamburger Parasite Single mit ihrem träumerischen Elektrosounds.

Massig Optionen also, das heißgeliebte Handy einmal auszuschalten, dafür aber Herz und Hirn umso mehr auf Empfang zu stellen.

Dockville-Festival Sa 17.8. (ausverkauft), So 18.8., ab 12.00, Schlengendeich 21 (S Veddel + Shuttle für 2,- pro Tag), Tagesticket zu 34,90 im Vvk.; www.eintrittskarten.de/ms-dockville