Verbraucherschützer raten zum Wegklicken

Die Mail sorgte für eine schlaflose Nacht. Eine Hamburgerin hatte eine Zahlungsaufforderung bekommen, mit der sie nichts anfangen konnte. „Einfach ignorieren und in den Papierkorb verschieben“, riet Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Hamburgerin war mehr als erleichtert angesichts der einfachen Lösung. Nicht alle geraten gleich in so große Aufregung, „aber die zunehmenden Spam-Mails werden zu einer digitalen Pest“, sagt Castelló.

Jeder vierte Deutsche bekommt täglich sechs bis 20 Spam-Mails. Der Begriff „Spam“ geht zurück auf das Dosenfleisch einer amerikanischen Firma und wurde erst durch einen Sketch zum Synonym für unerwünschte E-Mails. Allein in Deutschland landen pro Tag 300 Millionen Spam-Mails in privaten E-Mail-Postfächern. Das Aussortieren kostet Zeit, nervt und verlängert die Downloadzeiten, was bei volumenabhängigen Tarifen wie beim Smartphone auch teuer werden kann.

Spam-Mails überfluten Mailfächer mit Angeboten für Produkte und Dienstleistungen. Da wird für die private Krankenversicherung oder Kredite geworben. Oder der Absender verspricht schnelle Gewinne an der Börse: 1274Euro in nur 17 Stunden.

Gefährlicher sind sogenannte Phishing-Mails. Getarnt mit gefälschten Logos und Internetseiten geben sich die Spammer als seriöse Kreditinstitute aus, um den Empfängern geheime Daten wie persönliche Passwörter, Kreditkarten- und PIN-Nummern zu entlocken. Im Fokus stehen dabei Kunden der Postbank und des Bezahldienstleisters PayPal, hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen festgestellt. Ebenso gefährlich sind Mails, die schädliche Software wie Viren, Würmer und trojanische Pferde in ihrem Anhang tragen. Sie schädigen die Computer oder spionieren den Nutzer aus.

Viele fragen sich, wie die Versender die Adressen bekommen. „Sehr verbreitet ist der Adressenhandel. Spammer kaufen oder mieten die gewünschten Daten von Adresshändlern“, sagt Edda Castelló. Außerdem gibt es Programme, die Internetseiten systematisch nach E-Mail-Adressen durchsuchen. „Mit der Weitergabe seiner wichtigsten E-Mail-Adresse sollte man deshalb sehr vorsichtig sein“, rät die Verbraucherschützerin. Manchmal ist es aber unvermeidlich, seine Mail anzugeben, um Angebote zu nutzen. Experten raten daher, sich eine weitere Mail-Adresse für spezielle Zwecke zuzulegen. Wenn man unter dieser Adresse keine relevante Post erwartet, ist es nicht schlimm, wenn sich die Spam-Mails häufen.

Auch wer sich sicher ist, seine Mail-Adresse noch nie veröffentlicht zu haben, kann Opfer von Spam-Mails werden. Denn bei der Beschaffung von Adressaten gibt es auch ausgefeilte Methoden, mit denen Mailserver ausspioniert werden können. Noch schlimmer ist es, wenn der eigene Mail-Account für den Versand von Spam genutzt wird. Dann erhalten alle im eigenen Adressbuch gespeicherten Empfänger den Mailmüll und wundern sich über den Absender, der von dieser Attacke selbst zunächst nichts bemerkt. Die Ursache ist, dass der Account gehackt wurde. Mehr als vier von fünf Spam-Mails werden von infizierten Rechnern verschickt. Diese Quellen ausfindig zu machen, ist besonders schwierig.

Spam sollte möglichst sofort gelöscht werden. „Niemals darauf antworten“, rät Castelló. „Wer auf Spam-Mails antwortet oder die dort angegebenen Links anklickt, riskiert den Erhalt zahlloser weiterer Werbesendungen.“ Auch Links zum vermeintlichen Abbestellen der unerwünschten elektronischen Post dienen meist nur als Bestätigungsfunktion für die Adresse. Erst recht dürfen keine Anhänge angeklickt werden. Daneben gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Spam-Eingang zu reduzieren. „Ich habe das Gefühl, dass die Verbraucher bei diesem Problem kapituliert haben“, sagt Castelló. „Die Beschwerden nehmen ab.“ Doch es gibt sogar eine Beschwerdestelle dafür: allgemeiner-spam@internet-beschwer destelle.de (bei Werbung) oder auchbesonderer-spam@internet-beschwer destelle.de (bei Anhängen). Verstöße können mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. „Es gibt klare gesetzliche Regelungen, aber sie laufen oft ins Leere, weil die Absender im Ausland sind“, sagt Edda Castelló. Juristisch ist der Kampf gegen Spam wohl kaum zu gewinnen.