Die modern aufgestellte Einkaufsmetropole Hamburg hat sich auch international etabliert. Als Folge steigt laut einer neuen Studie die Nachfrage nach hochpreisigen Lagen

Wer von ausgedehnten Shopping-Touren träumt, denkt in Deutschland zunächst an München oder Düsseldorf. Dabei ist Hamburg, einst die schlafende Schöne genannt, inzwischen eine ernst genommene Konkurrenz – auch international. Der Einzelhandel boomt im Gleichtakt mit den wachsenden Besucherzahlen der Stadt. „Hamburg kann sich heute sehr selbstbewusst einem Vergleich mit anderen europäischen Metropolen stellen“, sagt City-Managerin Brigitte Engler, die starke Frau der Innenstadt.

Hintergrund der positiven Entwicklung sind vor allem die wirtschaftlich günstigen Bedingungen an der Elbe und die steigenden Touristenströme. Nach dem erfolgreichen Imagezuwachs in den ersten Monaten dieses Jahres durch Kirchentag, Gartenschau und Bauausstellung erwartet die Stadt zum Ende kommender Woche mit dem „Lions Clubs International Convention“ den nächsten Schub an Gästen. 23.000 Teilnehmer aus der ganzen Welt haben ihr Kommen angekündigt.

Schon jetzt liegt die Kaufkraft der Hamburger mit 22.768Euro pro Kopf nach München und Düsseldorf auf Platz drei. Hinzu kommt die wachsende Attraktivität des Einzelhandelsstandorts, und das vor allem in der Innenstadt. Die Branche profitiert von den öffentlichen und privaten Investitionen rund um den Neuen Wall, die Poststraße, die Hohen und Großen Bleichen. „Wir haben ein beispielhaftes Engagement der Grundeigentümer“, bestätigt Engler den Trend zur Eigeninitiative. „In den vergangenen Jahren wurden von ihnen 18 Millionen Euro investiert.“ Der aktuelle Einzelhandelsreport des Beratungsunternehmens CBRE für Hamburg belegt die Einschätzung. In der Untersuchung wird nicht nur die Struktur der Branche en detail beleuchtet, die Rechercheure haben auch das Preisgefüge für Mieten analysiert, die Standorte unter die Lupe genommen und für die Innenstadt Straßenzug für Straßenzug jedes einzelne Geschäft katalogisiert.

Gradmesser der wachsenden Attraktivität ist eine ungebrochene Nachfrage nationaler und internationaler Einzelhändler nach Verkaufsflächen in den 1A-Lagen der Innenstadt. Internationale Label wählen Hamburg als ersten Standort für ihre Expansion in Deutschland. „Damit nehmen wir eine bedeutende Rolle in der Liga europäischer Metropolen wie Mailand, Rom und Madrid ein“, sagt Engler. Und Philipp Hass, Leiter des Bereichs Einzelhandel Nord bei CBRE, nennt noch einen Grund für die Attraktivität: „Im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen und Ländern bleibt das Preisgefüge der Mieten in Hamburg stabil.“

Die Stadt hat als herausragender Einzelhandelsstandort in Norddeutschland eine einzigartige Struktur. Die Angebotslage ist gleichermaßen gekennzeichnet durch die international frequentierte Innenstadt und die gleichzeitig lokal und regional gefragten Stadtteilzentren wie Altona, Eppendorf oder Bergedorf sowie rund zwei Dutzend Shopping-Center.

Charakteristisch ist die Zweiteilung der Innenstadt in den von alten Kontorhäusern und Passagen geprägten westlichen Teil und die Konsumlage im Osten. Toplagen sind Mönckeberg- und Spitalerstraße. Als weitere Aufwertung stehen hier eine Fassadensanierung und engere Anbindung des Elektronikfachmarkts Saturn – mit rund 18.000 Quadratmeter Verkaufsfläche das größte Elektronik-Kaufhaus weltweit in innerstädtischer Lage – an die Mönckebergstraße an. Das Gebäude wurde Ende 2012 von Metro an den Hamburger Projektentwickler Matrix verkauft. Weiteren Schwung soll die Revitalisierung der neuen Landesbank Galerie, der ehemaligen HSHNordbank Passage, bringen, mit der neue moderne Flächen auf den Markt kommen. Flankierend ist zudem eine neue Beleuchtung für die Einkaufsstraße geplant.

Mieterwechsel sind in den Spitzenlagen der City-Ost selten – weil die ansässigen Unternehmen ihren Standort behalten wollen. Die aktuelle Spitzenmiete in der Spitalerstraße, die meistfrequentierte Lauflage der Innenstadt, liegt bei 280, die der Mönckebergstraße bei 270Euro pro Quadratmeter und Monat. Angrenzende Lagen erfahren gegenwärtig durch neue Projektentwicklungen Schwung. Dazu zählen im Rahmen aktueller Initiativen die Straßen Großer Burstah und Große Johannisstraße. „Gerade nah versorgende Konzepte wie City-Märkte oder Bäckereien, aber auch Coffeeshops und Zielkundschaftskonzepte finden hier derzeit interessante Expansionsansätze“, sagt Hass. Zukünftige Dynamik versprechen Projektentwicklungen wie für das ehemalige Allianz-Hochhaus am Großen Burstah und den Globushof an der Trostbrücke.

Die City-West ist durch den hochwertigen Handel bestimmt. Nach den Passagen seit den 80er-Jahren wurden auch hier die Aufenthaltsqualität des Standorts aufgewertet. An der Flaniermeile Jungfernstieg hat sich nach dem Umbau der Wasserseite der Branchenmix von früheren lokalen Anbietern (Beutin, Mey & Edlich) zu internationalen Geschäften (Apple, Geox und demnächst Apropos) gewandelt. Unumstrittene Luxuslage ist der Neue Wall, der sich auch im südlichen Teil zum Spitzenstandort wandelt. Einen entscheidenden Aufschwung soll hier das Projekt Stadthöfe an der Stadthausbrücke bringen, wo die Quantum Immobilien AG bis 2017 aus dem Gebäudekomplex der Baubehörde ein Quartier mit Wohnen und Büros nach Muster der Hackeschen Höfe in Berlin formen will.

Mit der städtebaulichen Politur schreitet allerdings der Filialisierungsgrad an den bevorzugten Standorten rasant fort. So sind in der Mönckebergstraße von 69Geschäften 97Prozent, in der Spitalerstraße von 47 Läden 98 Prozent Filialen, in der Post- und Gerhofstraße von 56 beziehungsweise 23 Geschäften je 96 Prozent Filialen, und am Jungfernstieg sind es von 44 Läden 91Prozent. Immerhin: Am Neuen Wall sind von den 84 Geschäften 14 (17 Prozent) noch nicht filialisiert. Ursache für den Wandel sind die hohen Mieten, die sich inhabergeführte Geschäfte oft nicht mehr leisten können.

Hamburg kann sich sehr selbstbewusst einem Vergleich mit anderen europäischen Metropolen stellen.