Ergebnis der Volkszählung kostet Hamburg 78 Millionen Euro im Länderfinanzausgleich

Die aktuelle Volkszählung kommt Hamburg teuer zu stehen: Der Stadtstaat wird vom kurzfristigen Nehmerland wieder dauerhaft zum Einzahler in den Länderfinanzausgleich (LFA). Nach Berechnungen der Finanzbehörde muss Hamburg im laufenden Jahr 73Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Vor gut einem Monat noch, bei der Vorstellung der Mai-Steuerschätzung, waren die Haushaltsexperten der Finanzbehörde davon ausgegangen, dass Hamburg fünf Millionen Euro erhalten würde. Im Saldo ist das ein Defizit von 78Millionen Euro.

Der Zensus 2011 hat ergeben, dass in Hamburg mit 1.706.696Einwohnern 82.833Menschen weniger leben, als die Statistiker zuvor errechnet hatten. Dieses Minus von 4,5Prozent wird nur noch von Berlin mit einem Minus von 5,2Prozent übertroffen. Deutschland hat rund 1,5 Millionen Einwohner weniger (minus 1,9Prozent) als gedacht.

Im Kern ist es so: Die nach unten korrigierten Bevölkerungsdaten bedeuten, dass die Wirtschaftsleistung des Stadtstaats von weniger Menschen erbracht wird. Auf den einzelnen Einwohner bezogen, ist die Wirtschaftskraft Hamburgs also gegenüber den bisherigen Berechnungen gestiegen. Da dieser Effekt in Hamburg zudem stärker als in den anderen Ländern (mit Ausnahme Berlins) ist, muss Hamburg Länder mit geringerer Wirtschafts- und Finanzkraft über den Länderfinanzausgleich stärker unterstützen.

„Die Daten bestätigen die Einschätzung der Finanzbehörde, dass Hamburg im wirtschaftlichen Vergleich der Länder nicht zurückgefallen ist“, sagt Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). Die Stadt gebe über die Umsatzsteuerverteilung und die Zerlegung von Einkommens- und Körperschaftssteuer „ohnehin Milliardensummen ihres Steueraufkommens an den Bund und andere Länder1“ ab. „Nun rückt Hamburg auch im Länderfinanzausgleich wieder deutlicher in das Lager der Zahlerländer“, sagt Tschentscher.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) setzt sich mit den aus seiner Sicht erfreulichen Aspekten des Zensus 2011 auseinander. Die Volkszählung hatte ergeben, dass Hamburgs Bevölkerungszahl real um 113.926 Einwohner (plus 7,2Prozent) gegenüber der Volkszählung 1987 gestiegen ist. „Hamburg wächst. Was jeder spürt, der eine Wohnung sucht, bestätigen die Statistiker auch nach Berücksichtigung der Ergebnisse des Zensus“, sagt Scholz. Die zentralen Aufgaben seien unverändert. „Wir brauchen mehr Wohnungen. Wir müssen das Bildungsangebot ständig verbessern, angefangen bei Krippen und Kitas“, sagt der Bürgermeister. Scholz hatte allerdings Ende Januar in einer Rede vor dem Übersee-Club von der auf Prognosen gestützten Perspektive gesprochen, Hamburg könne im Jahr 2030 mehr als zwei Millionen Einwohner haben. „Die Korrektur der Einwohnerzahl lässt alle Visionen von der Zwei-Millionen-Metropole in weite Ferne rücken“, sagt Grünen-Bürgerschafts-Fraktionschef Jens Kerstan. „Wir sollten uns nicht auf quantitatives Wachstum konzentrieren, sondern die Lebensqualität der Stadt weiter verbessern.“ Dazu zählten Themen wie Lärm und Luftverschmutzung, aber auch die Pflege von Grünflächen und Parks.

„Das Ergebnis des Zensus macht eine echte Haushaltskonsolidierung dringlicher denn je“, sagt FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Hamburg habe relativ mehr Einwohnerverluste als andere Länder. Das werde voraussichtlich zu zusätzlichen Belastungen im Länderfinanzausgleich führen. „Der Bürgermeister sollte endlich mit Aufgabenkritik und Kostenreduzierung beginnen, um darauf vorbereitet zu sein“, so die FDP-Politikerin. „Es ist offenbar richtig, dass solche Zählungen gemacht werden“, sagt CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Allerdings frage man sich, wie gut die Melderegister geführt würden. Jetzt sei es wichtig, nach den Ursachen zu forschen und zu fragen, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen von dem Minus besonders betroffen seien.

Die Wirtschaftskraft Hamburgs ist gegenüber den bisherigen Berechnungen gestiegen.