Alexandra Kamp feiert in Hans Scheibners „Die Geiselnahme“ Kammerspiele-Premiere

„Im Sommer spiele ich nie Theater“, sagt Alexandra Kamp. Dann entstehen auch in Deutschland viele Außenaufnahmen für Film und Fernsehen. Jetzt sitzt die viel beschäftigte Schauspielerin, die jüngst für die ZDF-Krimiserie „Soko Stuttgart“ eine neue Episoden-Hauptrolle abgedreht hat, in einem italienischen Lokal im Grindel-Viertel. Drinnen. Das Hamburger Wetter ist nicht der Hauptgrund dafür, dass Kamp „eine absolute Ausnahme“ macht.

In den nahe gelegenen Kammerspielen probt sie für „Die Geiselnahme“, eine Komödie von Hans Scheibner. Damit feiert der Hamburger Satiriker sein 60. Autorenjubiläum. „Hans hätte mir ein Telefonbuch schicken können, ein selbst geschriebenes, ich hätte sofort ja gesagt“, offenbart Alexandra Kamp. „Hans Scheibner errötet“, fügt der 76-Jährige am Tisch geschmeichelt-ironisch hinzu. Sie habe noch nie mit einem Autoren zusammengearbeitet, der so uneitel sei wie Scheibner, sagt Kamp.

Den Umgang vom Autor mit Regisseur Hanns Christian Müller empfindet die Schauspielerin, selbst recht unprätentiös, als „inspirierend. Es ist ein ständiger Fluss, so, wie Theaterarbeit sein sollte.“ Den Münchner Müller, bekannt geworden mit Gerhard Polts Kinokomödien „Kehraus“ und „Man spricht deutsh“, hatte Scheibner Kammerspiele-Intendant Axel Schneider vorgeschlagen. Der wiederum engagierte Alexandra Kamp, nachdem sie ihn 2011 in Stuttgart in der Tragikomödie „Illusionen einer Ehe“ überzeugt hatte.

Jetzt gibt Kamp eine Nutte. Die hatte sie 1998 erstmals im TV-Liebesdrama „Ich spiele eine Hure“ verkörpert, danach jedoch, anders als manche denken, nie mehr. Stattdessen achtmal eine Wissenschaftlerin, darunter neben Leslie Nielsen in der Science-Fiction-Komödie „Durchgeknallt im All“, und 15-mal eine Ärztin, wie die Aktrice anfügt: „Da ist die Hure interessanter.“

Diese sei in „Die Geiselnahme“ nicht das, was sich Otto Normalverbraucher darunter vorstelle. „Ich kann dem Luden auf Augenhöhe begegnen“, sagt Kamp lachend. Nicht bloß, weil sie auf der Bühne flachere Stiefel als beim Fotoshooting tragen wird.

Mit ihrem Zuhälter, gespielt von Publikumsliebling Tim Grobe („Sylt — Ein Irrtum Gottes?“), ist nicht nur sie von einem windigen Anlageberater geprellt worden. Gleiches gilt für drei Rentner, die den Banker ebenfalls kidnappen wollen. „Die Nutte ist die einzige weibliche Figur, sie ist so wichtig, damit es nicht nur ein Männerstück ist“, ergänzt Scheibner. „Sie soll ihm eine freche, gleichzeitig aber sympathische Farbe geben.“

Die Komödie sei keineswegs eine verspätete Abrechnung mit der Finanzkrise, sind sich Autor und Hauptdarstellerin einig. „Das Spannende ist, wie Menschen damit umgehen, die reingelegt worden sind“, meint Kamp. Und sie spielt nicht nur eine Hure, sondern eine Doppelrolle, verrät sie, ehe auch noch Regisseur Müller ins Lokal kommt.

Alexandra Kamp, deren Eltern sich einst auf der Schauspielschule Frese in Hamburg kennengelernt hatten, wird während „Die Geiselnahme“ läuft noch die Freiheit haben, hier draußen zu sitzen. 1995 hatte sie für die Krimiserie „Eine Frau wird gejagt“ erstmals sechs Monate an Elbe und Alster gedreht. „Damals habe ich Hamburg lieben gelernt, vor allem im Sommer“, sagt sie.

„Die Geiselnahme“ Uraufführung So 30.6., 19.00, 4.7.—21.7., Do/Fr/Sa jew. 20.00, So 19.00, Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstr. 9—11, Karten zu 18,- bis 39,- unter T. 413 34 40

„Die Geiselnahme“ ist eine Komödie, mit der der Hamburger Satiriker Hans Scheibner sein 60.Jubiläum als Autor feiert.