Elke Klose war Beamtin auf Lebenszeit und mit dem damaligen Bürgermeister Hans-Ulrich Klose verheiratet. Dann fing sie noch einmal ganz von vorn an

„Aus der Reihe tanzen – frei tanzen, frei leben.“ So wirbt Elke Klose für ihre offenen Tanzabende. Seit 16Jahren legt sie immer mittwochs Musik auf für 30 und mehr Menschen, ab sofort im Institut Toulouse, Beerenweg 1, in Bahrenfeld. Legt Musik auf von Rock über Trance und Weltmusik bis zur Klassik. Zum Tanzen aus innersten Gefühlen heraus.

Sie weiß, wie man aus der Reihe tanzt. Elke Klose, Jahrgang 1941, war mal die First Lady von Hamburg, verheiratet mit Hans-Ulrich Klose (SPD), Pfeifenraucher, Staatsanwalt, Regierungsdirektor, Innensenator, Erster Bürgermeister von 1974 bis 1981, danach Bonn.

Das Paar lernt sich 1971 kennen, „morgens um drei bei einer Faschingsfete“. Damals steht sie kurz vor dem Zweiten Examen als Haupt- und Realschullehrerin, bald ist sie Beamtin auf Lebenszeit, unterrichtet im Karolinenviertel, damals noch eine Art Bronx von Hamburg. Die beiden heiraten, bekommen zwei Kinder, Klose machte Karriere in Partei und Senat. Die Trennung kommt 1982.

Abschied und Aufbruch. Elke Klose sucht Neues, weniger formatiert, mehr bei sich selbst, will finden, was ungenutzt in ihr ruht. Mutig, aber mit Bauchschmerzen, quittiert sie den Schuldienst. „Ich wusste ja nicht, was dann kommt. Nur: Wenn ich jetzt nicht rausgehe, bleib ich da stecken.“

Sie besucht Tanzworkshops. Absolviert ein Aufbaustudium Kultur- und Bildungsmanagement, nutzt freies Bewegen und Tanzen zur Auflockerung. Irgendwann hört sie die Musik der Amerikanerin Gabrielle Roth, pulsierend, meditativ, energetisch. „Sie hat etwas in mir in Schwingung gebracht, das mir neu war.“ Eine Bekannte schenkt ihr ein Buch dieser modernen Großstadt-Schamanin aus New York. Und 1993 fährt Elke Klose zu ihr, für einen einwöchigen Tanzworkshop nach Kalifornien. „Das war’s. Ich hab entdeckt, mich ganz frei zu entfalten. Beim Tanzen dort hatte ich immer wieder Momente, wo ich glückselig war. Das traf die Lebendigkeit, die ich in mir spürte. Da war ich ja schon 52, eine der Ältesten dort. Aber da hielt mich irgendwie nichts mehr.“

Ihr Leben war bis dahin relativ engen Regeln gefolgt. Gesetzt durch das Amt ihres Mannes. Und vorher durch das Elternhaus in Plön und die Schule. Abzulesen immer am Tanzen. „Das hab ich eigentlich immer mit großer Freude getan. Wenn ich denn durfte. Bei den Tanzstunden im Plöner Schloss. Bei Hausbällen, die mein Vater, ein Zucker-Großhändler, viel zu selten veranstaltet hat.“ Auf der Schule wurde auch getanzt, Untersekundaner-, Oberprimaner-, Abschlussball. „Das wurde vom Schulleiter streng kontrolliert. Wir durften nicht zu eng, Wange an Wange ging gar nicht. Oder auseinander tanzen beim Rock ’n’ Roll. Da wurde man des Raumes verwiesen. Absurd. So war das, alles reglementiert.“ Frei tanzen wird ihr Weg in eine neue Freiheit. „Da geht es um Authentizität. Beim Tanzen, da zeigen sich die Menschen. Das läuft nicht verbal, und doch kommuniziert man sehr intensiv, unverstellt und unmittelbar. Da heben sich Grenzen auf. Alter, Aussehen, Beruf, Gewicht oder Kleidung – alles nebensächlich."

Während ihrer Ausbildung zur Tanzlehrerin bei Gabrielle Roth in den USA und anderen Lehrern lernt sie: „Es geht um die Bereitschaft sich zu öffnen, weg von dem vielen Belanglosen im Leben. Freude, Trauer, Ärger, Überschwang müssen nicht mehr versteckt werden, und das befreit.“ Kann sie davon leben? „Nein, aber das muss ich auch nicht, ich habe noch etliche andere Projekte.“

Sie hat 2003 auch angefangen, Tango zu lernen, der glatte Gegenpol zum freien Tanzen. Sie fährt mehrfach dafür nach Argentinien, „das kostete anfangs große Überwindung, ich musste mutig sein, um das Sinnliche daran auch zu genießen“.

Sie hat als DJ gearbeitet und sich gefreut, dass sie das kann. Sie geht auch mit ihrem Sohn in Berlin in die Disco, ins Berghain. Mitten rein ins pralle Leben. „Da passiert schon einiges, wo ich mit den Ohren schlackere. Aber in Bewegung fühlt man sich nie alt.“

Was sie sucht? „Vieles, was ich noch nicht kenne, was mich verblüfft, was ich toll finde, wo sich meine Erfahrung erweitert.“ Ängste, sagt sie, sollten nicht das Leben bestimmen. Selbstbewusster sei sie geworden, sagt sie, stecke nichts mehr weg und wehrt sich öfter mal. Und sagt sich: „Das kommt spät, aber nicht zu spät.“ Auf die Glasscheibe der Balkontür ihrer Wohnung an der Hochallee hat sie lebenskluge Rilke-Verse geschrieben, die ihr viel bedeuten: „Man muss den Dingen die eigene, stille, ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann.“ Und: „Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antwort hinein.“