Friseurin ist weiterhin die begehrteste Handwerksausbildung unter Hamburgs Mädchen

Für Ronja Weithart ist es der Traumberuf. Der modische Pfiff, die richtige Farbe oder auch die totale Veränderung? „Als Friseurin kann ich kreativ sein. In jedem Haarschnitt, den ich mache, liegt meine Handschrift“, sagt die 22-Jährige. Eine andere Ausbildung sei für sie nicht infrage gekommen. Jetzt steht sie nach drei Jahren Lehrzeit bei Peter Polzer kurz vor der Gesellinnenprüfung. Auch Sabrina Jurk wollte schon immer Friseurin werden. Dafür schmiss sie ihr Sinologie-Studium nach einem Semester. „Es ist natürlich auch viel Alltag“, sagt die 23-Jährige, die ebenfalls in einem Polzer-Salon lernt. Waschen, Schneiden, Strähnchen – die Hamburgerin liebt es klassisch. „Aber es gibt immer wieder diese Highlights, wenn man Menschen richtig glücklich machen kann.“

Zwei von 686 Friseurschülern in Hamburg. Auf der Liste der beliebtesten Ausbildungsberufe rangiert das Handwerk mit Kamm und Schere nach wie vor ganz weit vorn – trotz niedriger Löhne, familienunfreundlicher Arbeitszeiten und gesundheitlicher Belastungen. Mit knapp 40Prozent sind die angehenden Friseurinnen in den Top10 der Handwerkskammer Hamburg die mit Abstand größte Gruppe, unter den zehn lehrlingsstärksten Handwerksberufen bei den Frauen stellen sie fast die Hälfte. Und auch beim Blick auf das gesamte Ausbildungsspektrum in der Hansestadt liegt das Friseurhandwerk laut Arbeitsagentur Hamburg immerhin noch auf Platz sieben.

Trotzdem macht sich Unruhe in der Branche breit. Selbst in einer Metropole wie Hamburg mangelt es an gut ausgebildetem Personal. An der Elbe ist die Zahl der Friseursalons in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, auf 1465 Ende 2012. Gleichzeitig gibt es immer weniger Auszubildende. Waren 2004 laut Handwerkskammer noch 864 Lehrlinge gemeldet, sind es aktuell 200 weniger – ein Minus von fast 25 Prozent. Im nächsten Jahr könnte es noch schlechter aussehen. Die Berufsschule Friseur geht von 650 angehenden Friseuren in allen drei Lehrjahren aus. Auch renommierte Salons suchen inzwischen händeringend nach geeigneten jungen Leuten – obwohl derzeit nur knapp ein Fünftel der Betriebe überhaupt ausbildet.

Gute Zeiten für Bewerber. „Ich habe mir einen Laden ausgesucht, bin hingegangen und habe gefragt, ob sie jemand brauchen“, erzählt Philine Cora Krohn aus Ahrensburg. Im Februar begann sie eine Lehre bei Exakt in Ottensen. „Das hat gleich gepasst.“ Jeden Morgen um 11Uhr muss sie im Laden sein, um 20Uhr ist Schluss. „Mit Fahrzeiten habe ich locker einen Zwölf-Stunden-Tag. Aber das ist okay“, sagt die 17-Jährige. Im Moment ist sie für ihren ersten Ausbildungsblock an der Beruflichen Schule Burgstraße.

Dort macht sich die sinkende Zahl der Auszubildenden besonders drastisch bemerkbar. „Wir haben ganze Klassen gestrichen“, sagt Schulleiterin Astrid Arndt. Aus ihrer Sicht gibt es dafür verschiedene Gründe. Neben dem demografischen Faktor, der nach den geburtenstarken Jahrgängen weniger junge Leute ins Ausbildungssystem bringt, spielten vor allem die schlechten Verdienstmöglichkeiten eine Rolle. Aber Astrid Arndt gewinnt dem Schwund auch etwas Positives ab: „Jetzt kommen die, die es wirklich wollen.“

Die Schule geht inzwischen neue Wege. Es gibt die Möglichkeit neben der Ausbildung, die Fachhochschulreife zu machen, Auslandspraktika sogar in China werden angeboten und sogenannte Plusklassen mit Möglichkeiten für besonders qualifizierte Auszubildende. „Aber“, fordert Abteilungsleiter Thomas Lücking, „auch die Ausbildung in den Betrieben muss attraktiver werden.“ Einige Unternehmen hätten sich darauf bereits eingestellt. Einer der Vorreiter sei Peter Polzer gewesen, auch bei Edelcoiffeur Lars Nicolaisen im Salon am Ballindamm bedienen dienstags ab 16Uhr die Azubis zu speziellen Tarifen. Größere Filialisten wie F.O.N. hätten inzwischen gute Ausbildungskonzepte, so Lücking. Und auch bei Exakt in Ottensen schneiden die Lehrlinge schon im ersten Jahr.

Trotzdem bleibt der Dreh- und Angelpunkt das Geld. Im vergangenen Jahr wurden die Lehrlingsentgelte angehoben: Nach 300Euro im ersten Lehrjahr gibt es jetzt 325Euro im zweiten und 500Euro im dritten Jahr. Und auch danach sollen die Gehälter steigen. Die Tarifpartner haben sich nach langen Verhandlungen im März auf ein Stufenmodell geeinigt, nach dem ab 1. August im Westen ein Mindestlohn von 7,50Euro gilt.