Bürger in Blankenese und Sülldorf wehren sich gegen Ausbau des Sülldorfer Kirchenwegs

Empörung in den Elbvororten: Bürger aus Sülldorf und Blankenese gehen auf die Barrikaden. Mit Protestaktionen wehren sie sich gegen eine Verbreiterung des Sülldorfer Kirchenwegs. 3000 Unterschriften wurden vor Ort gegen die Umbaupläne der Stadt gesammelt. „Unser Stadtteil soll mit einer Schnellstrecke zerschnitten werden“, sagt Wulf Menzel, einer der Sprecher der Bürgerinitiative, der 60 Mitstreiter angehören. In der Tat sehen die Behördenpläne vor, die Straße von derzeit fünf bis sechs Meter auf acht Meter zu verbreitern. Neben der eigentlichen Fahrbahn sind darin zwei „Schutzstreifen“ für Radfahrer enthalten, die mit gestrichelten Markierungen versehen werden sollen. Hinzu kommen Parkbuchten und Bürgersteige. Hauptsächlich betroffen ist ein 700Meter langes Teilstück zwischen Fruchtweg und Willhöden.

Die Anwohner haben Angst, dass aus dem 2,1Kilometer langen Kirchenweg, der historisch gewachsen ist und schon vor fünf Jahrhunderten die Dörfer Blankenese und Sülldorf verband, eine Piste für Raser wird – mitten durch ein beschauliches Wohngebiet mit Friedhof, Kirche, Kindergärten, Schule, Sportplätzen, hanseatischen Wohnhäusern und uraltem Baumbestand. Am Sülldorfer Kirchenweg hat man trotz einer Metrobus-Linie weitgehend Ruhe.

Neben steigendem und schnellerem Durchgangsverkehr rechnet die Bürgerinitiative mit einer Gefährdung Rad fahrender Schulkinder auf dem Weg zum und vom Dönhoff-Gymnasium. Zudem drohen Enteignungen und eine Beteiligung an den Umbaukosten.

Nach diesen massiven Anwohnerprotesten gegen den Ausbau des Sülldorfer Kirchenwegs versucht die Bezirksversammlung Altona jetzt einen Neustart der Planungen. Zwar wurden verschiedene Anträge in die Fachausschüsse verwiesen, doch Politiker der SPD-Grünen-Mehrheitskoalition sprachen sich für Tempo30 aus – wie von Anwohnern gefordert. Damit hat ihr Protest erst einmal Erfolg gehabt. Ein Tempolimit wird bisher noch von der Verkehrsbehörde abgelehnt.

Grundlage der Planung ist ein Teilbebauungsplan von 1960, mit dem sich Hamburg als „autogerechte Stadt“ für die Zukunft rüsten wollte. Was lange Zeit in Vergessenheit geriet, wurde eines Tages wiederentdeckt. In veränderter Form sollte es nun umgesetzt werden. Anlass war der miserable Zustand der Straße. Angeblich ist eine normale, weit kostengünstigere Sanierung, wie von den Anwohnern gefordert, wegen des komplizierten Sielsystems nicht möglich. Konkrete Zahlen der Straßenerweiterung liegen noch nicht vor.

Zwar wurde ein Teil der Schlaglöcher notdürftig geflickt, dennoch gleicht die Strecke einer üblen Buckelpiste. „Das wiederum führt zu bedächtiger Fahrweise“, sagt Wolfgang Zetsche im Namen der Initiative. Je ausgebauter und breiter die Strecke sei, desto mehr würde sie zum Rasen verführen. „Ich habe nicht nur Sorge um Kinder, sondern auch um die vielen Schüler, die den Kirchenweg überqueren wollen“, sagt die dreifache Mutter Kerstin Bade. Auch an ihrem Haus hängt ein Protestplakat: „Tempo 30 statt Autobahn.“ In Anbetracht der Proteste ist dann doch Bewegung in die Diskussion gekommen. „Es ist deutlich, dass die vom Bezirksamt vorgelegten Planungen für die Instandsetzung des Sülldorfer Kirchenwegs bei den Menschen vor Ort keine Zustimmung finden“, sagte Henrik Strate, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Altona. Es sei wichtig, den Charakter der Straße zu erhalten und Sicherheit zu gewährleisten. „Nachdem Gespräche zwischen Betroffenen und Verwaltung zu keinem Ergebnis geführt haben, wollen SPD und Grüne mithilfe eines externen Gutachters einen dritten Weg aufzeigen, den beide Seiten mitgehen können.“

Beide Parteien, die in der Bezirksversammlung die Mehrheit stellen, haben inzwischen einen Dringlichkeitsantrag zur Abstimmung gestellt. Motto: „Sicherheit und Sachverstand statt Konfrontation“. Allerdings mahnt Strates Parteifreundin, die Bürgerschaftsabgeordnete Anne Krischok: „Wenn zu lange gewartet wird, steigen die Unterhaltungsmaßnahmen unverhältnismäßig.“ Den Preis hätten letztlich die Bürger zu zahlen. „Die Grünen werden keine Planung bewilligen, die auf massive Proteste vor Ort stößt“, ergänzt Eva Botzenhart, Sprecherin Verkehrspolitik der GAL-Bezirksfraktion. In der Bezirksversammlung stimmte die CDU dem Antrag von SPD und Grünen zu, wies aber auf deren Enteignungspolitik hin. Sven Hielscher, Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Sülldorf/Iserbrook sagt dazu, die SPD verfahre nach dem Motto: „Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis.“ Die SPD habe erkannt, dass das Thema Sülldorfer Kirchenweg „mit Sturheit an die Wand gefahren“ worden sei.

Und die Bürgerinitiative? „Die Politik drückt sich vor einer klaren Entscheidung“, sagt Wulf Menzel. Doch gehe das jetzt in die richtige Richtung. Damit ist der Protest wohl aufgeschoben, aber keinesfalls aufgehoben.