Jacobs-Küchenchef gewinnt erneut den Großen Gourmetpreis. Ein Blick hinter die Kulissen

Es ist nur ein Fingertrommeln auf der Armlehne, das seine Anspannung verrät. Sonst ist Thomas Martin entspannt, zumindest äußerlich. 17Uhr, der Küchenchef trifft sich mit der Restaurantleitung, um Änderungen auf der Menükarte zu besprechen. Gesucht wird eine Alternative zum Dessert-Käse.

„Etwas mehr Action am Tisch, aber trotzdem zwei Sterne“, gibt Sous-Chef Stefan Stiefeling vor, Martins Stellvertreter. „Er denkt und macht alles in der gleichen Weise wie ich, dadurch, dass wir bereits sechs Jahre zusammenarbeiten“, sagt der 47-Jährige. In zwei Stunden wird sich zeigen, warum dieser „Doppelgänger“ so wichtig ist. Dann beginnt die abendliche Küchenschlacht im Jacobs Restaurant, mit Hamburgs bestem Koch an der Spitze. „Klar bin ich nervös, wenn es richtig losgeht.“ An diesem Abend gibt es eine zusätzliche Herausforderung: ein Empfang auf der Lindenterrasse anlässlich einer Schiffstaufe. Für die Küche bedeutet das Stress, weil sich alle Abläufe verzögern. „Das ist schon mega“, sagt Thomas Martin, der gerade zum zehnten Mal mit dem Großen Gourmetpreis auf dem Süllberg ausgezeichnet wurde.

Während sich die Köche auf den Abend vorbereiten, Soßen und Suppen ansetzen, Gemüse schnippeln, die Messer schleifen, wird eine Etage höher in der Wohnhalle des Hotels Kaffee gereicht. Dort sind viele Stammgäste, für die ein Essen in einem der besten Restaurants der Stadt einfach dazugehört. Und die gerne zu traditionellen Festen wie Taufen oder Hochzeiten ins Hotel Louis C. Jacob einladen.

Das internationale Renommee des Hauses, die hohe französische Küche mit einem Schuss Moderne, die der Guide Michelin mit zwei Sternen geadelt hat, all das ist das Werk von Thomas Martin. Seit 1997 ist der gebürtige Mannheimer Küchenchef des Jacobs Restaurant, er kam zur gleichen Zeit wie Hoteldirektor Jost Deitmar. So lange an einem Ort zu verweilen, sei selten in einer Branche, die von Nomaden, also von ständigem Kommen und Weiterziehen, geprägt ist.

19 Uhr: Die ersten Gäste treffen ein. Durchs Mikrofon diktiert Jana Rakow eine Bestellung: „Dreimal Taschenkrebs, zweimal Makrele, einmal Müsli!“ Sous-Chef Stiefeling gibt die Annoncen an die Köche weiter – die quittieren jede Anweisung mit einem „Jawohl!“ oder „Jo!“ Und schon zischt und klappert es an den verschiedenen Stationen für Fisch und Gemüse. Es wird gebraten, geschwenkt, angerichtet, probiert. Jeder Koch weiß, was er zu tun hat. Die Rezepte sind in Fleisch und Blut übergegangen.

Während der Sous-Chef mit den Köchen in der Küche schafft, steht Thomas Martin selbst vor dem Pass – dort, wo die Speisen für den Transport ins Restaurant bereitstehen – und kontrolliert, ob alles komplett ist. „Tisch vier macht eine Raucherpause“, tönt es aus dem Mikro – sofort unterbrechen die Köche ihre Arbeit für den Tisch. „Schließlich können die Speisen nicht warm gehalten werden“, erklärt Martin. Dauert eine Pause zu lange, wird der Gang neu gekocht.

Kurz vor 21Uhr strömen die Gäste vom Empfang auf der Lindenterrasse ins Restaurant – natürlich hungrig. Kurz darauf rattern die Bestellungen für die aufwendigeren Hauptgänge herein. Jetzt hat auch Martin seine Schürze umgebunden, übernimmt die Ansagen, und – da kann er nicht aus seiner Haut – greift auch immer wieder selbst zum Kochlöffel. Gusspfannen mit ganzen Vierländer Enten, der absolute Renner im Jacobs, Schneverdinger Maibock und Salzwiesenlamm werden über den Pass geschoben.

An diesem Abend arbeiten 16Köche für 40Gäste im ausgebuchten Restaurant. Zum Teil werkeln sieben Köche gleichzeitig an einem Teller, richten Fleisch und Beilagen an, setzen Kräuter mit einer Pinzette auf, „malen“ Saucen-Punkte auf das weiße Porzellan. Was Thomas Martin und sein Küchenteam darbieten, gleicht einem Spitzenfußballspiel in der Champions League. „So, Kinder, Endspurt!“, spornt Stiefeling seine Mitspieler an. Die Desserts aus der Patisserie stehen bereit, um das oft sechsstündige Festessen zu krönen. Es ist kurz vor 23Uhr. Martins Resümee: Das Sechs-Gänge-Menü für 154Euro pro Person ging wie erwartet am besten. Ein weiterer perfekter Abend an der Elbchaussee geht zu Ende.