In gut vier Monaten ist Heiligabend. Aber einige Menschen beschäftigen sich mitten im Sommer damit

Draußen herrschen 30Grad. Und was machen Annegret und Laura Brenneis? Sortieren im luftigen Sommeroutfit Weihnachtsmänner, und das kartonweise. Schlitten auch. Dazu Sterne, Herzen, Autos, Eulen und Piraten – eben alles, was man sich heutzutage so an den Christbaum hängt. Beim Hamburger Weihnachtskontor ist jetzt schon ein bisschen Heiligabend. Und nicht nur da: Währen die meisten Menschen den Sommer genießen, sind gut vier Monate vor dem Fest nicht wenige mit dem Kopf längst in der Adventszeit.

Kaum irgendwo sind die Feiertage derzeit so präsent wie in den Winterhuder Büroräumen der Familie Brenneis. „Wir sind gerade dabei, die Ware zu sichten, die wir nach der Messe im Januar bei den Herstellern in Thüringen bestellt haben“, erzählt Annegret Brenneis. Die Kartons stapeln sich,es ist viel zu eng, um die Qualität des gelieferten Baumschmucks bequem zu überprüfen. Auch, um Bestellungen auf den Weg zu bringen. Das musste die 59-Jährige leidvoll feststellen, als am Vortag jemand tatsächlich schon ein paar Schneemänner orderte. Die lagerten natürlich direkt hinter einem der Kistenstapel. „Wir wollten eigentlich noch in diesem Jahr umziehen, aber jetzt ist es zu spät. Wir haben schon zu viel zu tun“, sagt auch Tochter Laura. Neuzugänge wie das Polizeimotorrad oder der Krankenwagen müssen fotografiert und in den Online-Shop eingestellt werden. Außerdem bestellen schon jetzt einige große Unternehmen ihre Deko- und Geschenkartikel beim Familienbetrieb.

Bei Jürgen Tandetzki, Inhaber von Der Keksbäcker, ruht gerade die Produktion von Schokoartikeln. Zu heiß. Gut, dass es in den Kellerräumen des Lokstedter Betriebes kühler ist, denn bei zehn bis 17 Grad reift dort Teig, der in ein paar Monaten als Braune Kuchen auf den bunten Tellern landen soll. „Seit Mai setzen wir den Lagerteig gleich kiloweise an“, erzählt der 48-Jährige, der vor 21Jahren beschloss, sich auf Kekse zu spezialisieren und heute Händler genauso beliefert wie Großunternehmen. Früher, da seien Honig- und Lebkuchen auf ähnliche Weise hergestellt worden, doch die Industrie habe diese Tradition längst aufgegeben. Bei Jürgen Tandetzki werden nach und nach 1,3 Tonnen Grundteig angesetzt und ab Oktober mit weiteren Zutaten verarbeitet. „Der Teig ist am Ende so hart, dass die Eimer aufgeschnitten werden müssen.“ Auch wenn die klassischen Keksrezepte am besten laufen – schon im Frühjahr sind in der Backstube neue Weihnachtsrezepte ausprobiert worden.

Weihnachtsklänge statt -duft mag man dieser Tage schon einmal in den Büros der Firma Nordevent in der Speicherstadt vernehmen. Dann etwa, wenn nach dem passenden Künstler für eine Weihnachtsfeier gesucht wird. „Der 6. und der 13. Dezember sind bei uns tatsächlich schon ausgebucht“, sagt Sprecher Jochen Reichel. Fast jeden Tag müsse man entsprechende Anfragen beantworten. Und so sei die Event-Floristik im Sommer schon dabei zu überlegen, welche Dekotrends man aufgreife, und die Event-Macher orderten Glühwein und planten Gänse-Essen, adventliche Kochkurse und Pfefferkuchenhäuser. „Man gewöhnt sich daran, gedanklich in einer anderen Jahreszeit zu sein“, sagt Jochen Reichel.

Die weihnachtlichen Events im Alsterhaus werden erst ab Ende September im Detail geplant. „Dafür weihnachtet es bereits hinter den Kulissen“, sagt Sprecherin Silke Jost. Gerade würden die vorhandenen Bestände von Kugeln darauf geprüft, ob sie mit dem diesjährigen Weihnachtsthema „Circus“, das bereits zusammen mit der großen Schwester KaDeWe in Berlin erdacht wurde, zusammenpassen. Der acht Meter hohe Baum, der im Lichthof erstrahle, befinde sich zum Auswechseln defekter Lichterketten und Erneuerung des Tannengrüns beim Spezialisten. „Dieser überprüft auch die Standfestigkeit.“

Mit der Dekoration für den historischen Weihnachtsmarkt auf dem Rathausmarkt hat sich Roncalli-Projektleiter Michael Dahms bereits befasst, bei ihm dreht sich im Sommer alles um die Auswahl geeigneter Händler. „Bis Ende Mai konnte man sich bewerben, der Zuspruch war wieder enorm“, sagt der 34-Jährige. Zwischen 800 und 900 Händler hätten gern einen Stand auf dem gut besuchten Weihnachtsmarkt, doch nur rund 80 können ab Ende November dabei sein. Das Thema Weihnachten hat Michael Dahms ständig im Hinterkopf, auch wenn er derzeit Sommer- oder Mittelaltermärkte in Deutschland besucht. „Dann denke ich oft: Das könnte im Winter gut nach Hamburg passen.“

Laura und Annegret Brenneis ist die Lust auf Weihnachten auch noch nicht vergangen. Die beiden haben eine interessante Beobachtung gemacht: Gerade am vermeintlich heißesten Tag des Jahres gibt es immer jemanden, der etwas bei ihnen bestellt.