Kleine Röstereien reagieren mit ihrem Angebot auf die Rückkehr der Kaffeekultur

Kaffee beflügelt. Keine nächtelange Büffelei für eine Prüfung ohne Kaffee, kein Meeting, keine Verhandlungen über den Euro oder eine Vereinssatzung. Kaffee hilft beim Dichten (Goethe), beim Regieren (Friedrich der Große), beim Komponieren. Bach schuf eine Kaffeekantate, Carl Gottlieb Hering einen Kanon, der mit den Tönen C-A-F-F-E-E anfängt. Jean Paul, dessen man zurzeit wieder gedenkt, befand: „Außer der Philosophie weiß ich kein so gutes Treibmittel des Gehirns als höchstens Schach und Kaffee.“ Und mit Kaffee lässt sich Geld verdienen. Keiner weiß das so gut wie Hamburger Händler, die bereits im 17.Jahrhundert mit diesem Rohstoff handelten und den Hafen zu Europas größtem für den Kaffeeumschlag gemacht haben.

Es schurrt, rasselt und duftet. In den Schanzenhöfen neben Tim Mälzers Bullerei steht Thomas Kliefoth im Elbgold neben einer großen Trommel, und röstet Kaffee, ganz altmodisch. Etwa 17 Minuten brauchen die ehemals grünen Bohnen, bis sie schön schwarzbraun und knackig geworden sind. Noch in den 60er-Jahren soll es in fast jeder Hamburger Einkaufsstraße eine kleine Rösterei gegeben haben, gut 300 etwa.

Dann kamen die Großröster, verkürzten die Zeit in der Trommel auf wenige Minuten, packten den Kaffee gemahlen oder als Bohnen in Tüten und verkauften zu Festpreisen. Große Marken entstanden. Geniale Köpfe wie Max Herz erfanden Tchibo, Eduard Schopf gründete Eduscho, allerdings in Bremen. Heute aber gehört die Marke zu Tchibo. Bernhard Rothfos wirbelte die Branche durcheinander durch neuartige Lagerhaltung und Veredlung. Schließlich war J.J. Darbovens Idee Kaffee eine fabelhafte Innovation. Er nahm schon im 19.Jahrhundert den Frauen das Rösten in schweren Pfannen ab und füllte genaue Mengen in Tüten.

Durch Jacobs, Tchibo und andere hatten die kleinen Röstereien bald ausgedient. Alle? Natürlich nicht. Die Rösterei Burg am Eppendorfer Weg trotzte der Entwicklung. Jens Burg führt das Geschäft bereits in der vierten Generation und hat seinem Laden inzwischen ein kleines Museum hinzugefügt. Allmählich bekommt er Gesellschaft.

Besonders in den Szene-Stadtteilen wie Schanze und Ottensen drehen sich wieder Rösttrommeln, und es duftet wie früher. Meist gibt es dazu einen Ausschank, und so sitzen viele junge Leute, aber auch alte Kenner auf Hockern, Bänken und Fensterbrettern und nippen genussvoll an Tassen, Gläsern und Schalen mit herrlichem Gebräu, schwarz oder mit Milch, Milchschaum oder mit Sirup, der nach Vanille, Macadamia, Amaretto oder Haselnuss schmeckt, ungesüßt oder mit reichlich Zucker, weiß aus Rüben oder hellbraun aus Zuckerrohr.

Eine schlichte Tasse Kaffee mit Milch heißt heute Café crème. Und auch sie wird auf Bestellung gebrüht in schönen glänzenden Maschinen, die mit bestimmtem Druck das Wasser durchs Kaffeemehl treibt. Wer will, bekommt im Elbgold seinen Kaffee sogar per Hand durch einen Filter gegossen, durch den das Wasser nicht durchrauscht, sondern langsam tröpfelt. Das ist der komplette Kontrast zum Coffee to go aus den vielen Shops, die eine Zeit lang an jeder Straßenecke eröffneten. Es ist eine Rückkehr zur Kaffeekultur, die Thomas Kliefoth und seine (Lebens)Partnerin so lieben, dass sie ihre Passion zum Beruf gemacht haben.

Begonnen hat es mit einem kleinen Laden in Winterhude. Nur eine Rösterei mit Kaffeeverkauf sollte es sein mit der Gelegenheit zum Probieren. Es gab ein Törtchen dazu, ein fein belegtes Brötchen – und schon war der Laden voll mit glücklichen Kaffeetrinkern, die saßen und lasen, quatschten oder arbeiteten. Als die Nachfrage zu groß und der Laden zu klein wurde, suchte man eine Fläche, um die Rösterei auszulagern,, fand sie in der Schanze und griff zu. Hier gibt es nun Platz für alles, für die 45Kilo fassende Rösttrommel, ein gutes Dutzend Container, in die oben die Bohnen per Schlauch hineingepustet werden, damit sie unten aus einer Spitze wieder rausfallen können, um verkauft, gemahlen oder im Café mit rustikalen Bänken und lockeren Sitzgelegenheiten verwendet zu werden. Der Kaffee kommt aus den Ländern mit den besten Bohnen und wird direkt eingekauft von Plantagen, die das Paar besucht und deren Bauern sie kennen. „Das ist noch besser als Fair Trade“, sagt Kliefoth.

Elbgold ist nicht allein auf dem Markt. Noch etwa 15 andere haben sich besonnen auf Qualität und Frische. Manche beziehen ihren Rohkaffee von kleinen Händlern, verwenden sie sortenrein oder mischen ihn, bieten Spezialitäten wie Yirgachaffee aus Äthiopien wie Carroux in Blankenese oder Kenia Blur Mountain wie Die Rösterei im Levantehaus. Coffee unlimited hat eine Mischung lateinamerikanischen Hochlandkaffees nach ihrem Stammsitz benannt: „Hammerbrooklyn“.

Aber ist Kaffee nicht ungesund? Franz Kafka glaubte das nicht: „Würde er den Körper dehydrieren, wäre ich schon Staub“, befand er. Aber übertreiben muss man es dennoch nicht.