Sie sang mit Udo Lindenberg und Falco. Jetzt hilft Anke Schaubrenner psychisch kranken Kindern

Sie nennt sich selbst eine Nomadin. Kann nie lange an einem Ort bleiben. Liebt es, ihre Zeit in anderen Städten und fremden Kulturen zu verbringen. Schon immer. Nach der Schule zieht es Anke Schaubrenner aus Husum nach Berlin, dort macht sie eine Gesangs- und Schauspielausbildung am Black Music Institute. Schnell bekommt sie einen Plattenvertrag, nimmt sogar eine CD auf. Doch Verbindlichkeiten sind nichts für die Künstlerin. „Ich wollte nie lange irgendwo bleiben, auch nicht irgendwelche Verträge unterschreiben.“ Also ging sie nach Los Angeles, „um den Gospel zu leben“, wie sie sagt. Ein paar Monate verbringt sie in den USA, singt in einem Gospelchor in Harlem. „Dort machen die Menschen mit dem ganzen Körper Musik“, schwärmt sie, macht dabei die typischen Bewegungen vor und schlägt spontan ein paar soulige Töne an. In diesem Moment spürt man, dass diese Frau eine Vollblutmusikerin ist.

Schaubrenner wusste schon früh, dass Musik einmal zu ihrem Lebensinhalt wird. Als Jugendliche erkrankte sie an einer schweren Lungentuberkulose, entkam dem Tod nur knapp. Fast zwei Jahre verbrachte sie in einer Klinik. Die Kraft, wieder aufzustehen und diese schwierige Zeit zu überstehen, gab ihr ein Klavier. „Der Steinway-Flügel hat mich gerettet“, das weiß sie heute. Und deshalb waren ihr materielle Güter auch immer schon egal, Hauptsache, sie konnte Musik machen.

Nach ihrem Intermezzo in den USA kehrt die Musikerin nach Europa zurück. Es ist die Zeit der Neuen Deutschen Welle. Sie lernt Udo Lindenberg kennen – auch heute noch ein enger Freund und Berater –, geht als Backgroundsängerin und Duettpartnerin mit ihm auf Tour. Sie arbeitet lange mit Falco in Wien zusammen.

Dann entscheidet sie sich, Wien den Rücken zuzukehren, und begibt sich zurück in den Norden – nach Hamburg. Hier bringt die Künstlerin schließlich ihr erstes Kind zur Welt, doch auch das hält sie nicht davon ab, regelmäßig die Koffer zu packen und dem Alltag zu entfliehen – natürlich mit ihrer Tochter. „Ich habe überall auf der Welt Schlafplätze“, sagt sie. Viel Hab und Gut besitze sie nicht, „als Musikerin muss man immer in die Weite ziehen können“, nur ihre Gitarre, die war und ist immer dabei. Ihr Geld verdient sich Schaubrenner schon lange mit Gesangsunterricht, zudem coacht sie Menschen, die Angst haben, in einem Tonstudio zu singen oder sich öffentlich zu präsentieren. „Es gibt unheimlich viele Menschen, die mit ihrer eigenen Stimme Probleme haben“, erklärt sie. Diesen Leuten versucht sie mit individuellen Trainings zu helfen. „Ich wollte schon immer Menschen die Angst nehmen.“ Ihr Einfühlungsvermögen setzt Schaubrenner auch für Kinder ein.

Von 1999 bis 2009 ist sie künstlerische Leiterin und Vorstand des Vereins Lukulule, eine der wichtigsten kultur-pädagogischen Institutionen in Hamburg. Außerdem engagiert sie sich in Jugendpsychiatrien sowie Jugendstrafanstalten. Seit fünf Jahren arbeitet Anke Schaubrenner im Rahmen des Musiktherapeutischen Projekts Soulwriting mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen am Altonaer Kinderkrankenhaus. Stets dabei: ihre Gitarre, denn Musik ist die Basis ihres kreativen Handelns. „Kulturen können sich über Musik verständigen, und auch Kinder wachsen durch Kreativität und Musik“, sagt sie. Und weil Musik ihr Lebenselixier ist, war es für Anke Schaubrenner auch nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder ein Album aufnimmt.

Im Jahr 2008 trifft sie ihren alten Musiker-Freund Ferdinand Huemer wieder, den sie noch aus Falco-Zeiten kennt. „Ich konnte deine Stimme nie vergessen“, sagt Huemer zu ihr und bittet sie, gemeinsam ein Album zu produzieren. Sie willigt ein. Also gründen sie ein Plattenlabel, bauen ein Tonstudio im österreichischen Krenglbach und lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Es beginnt eine lange Phase des Pendelns zwischen Hamburg und Österreich. In Eimsbüttel führt die Künstlerin, die mittlerweile glücklich verheiratet ist, ein Leben mit ihrer Familie und ihren diversen sozialen Projekten.

Fast zwei Jahre lang setzt sich das Duo Huemer/Schaubrenner mit Melodien und Lyrik auseinander. Musikalisch schlagen die beiden einen weiten Bogen, der von Folk und Rock bis hin zu Reggae reicht. Das erste Anke-Schaubrenner-Album nach 20Jahren heißt „Novembergold“. Heute verspürt Anke Schaubrenner wieder die Lust, auf einer großen Bühne zu stehen und mit ihrer Musik zu begeistern. Die Künstlerin sagt: „Je größer, desto besser.“