Die Hansestadt bekommt ein eigenes Musical – mit Hits von Udo Lindenberg, Hans Albers, Marius Müller-Westernhagen und Jan Delay

Ein Hamburg-Musical – wieso ist eigentlich vorher noch nie jemand auf diese Idee gekommen? Großartig könnte das werden. Zumindest, wenn es keine verkitschte Version mit singenden Tieren oder bärbeißigen Hafenarbeitern wird, sondern etwas Lustiges, Rührendes, Wahres, bei dem man sich als Zuschauer und als Hamburg-Liebhaber wiedererkennt. Vielleicht irgendetwas zwischen einem Wittenbrink-Liederabend über chaotische Traumreisen, Großstadtromantik à la „Dreigroschenoper“ und einem schrägen „Notruf Hafenkante“. Es sollte zwischen Blankenese und Schanze, Hafen und Hauptbahnhof, St.Georg und St.Michaelis spielen. Und natürlich auch auf der Reeperbahn. Nicht umsonst ist ja Hamburg bereits Musical-Metropole und so viel besungen wie wohl keine andere deutsche Stadt.

Da muss jetzt mal ein eigenes Musical her. Die Musikszene Hamburgs schließlich, die so lebhaft blüht und für die – nach den Beatles – in der jüngeren Geschichte Namen wie Udo Lindenberg, Marius Müller-Westernhagen, Wolf Biermann, Jan Delay, Samy Deluxe, wohl auch Tocotronic und Fettes Brot stehen, sie gibt genug an Stoff her für viele Abende über Nachtschwärmer, einsame Herzen, Sehnsüchte und Kiezabenteuer. Und mehr als genug Musik.

Nun wird es ein Hamburg-Musical geben, „Linie S1“. Ein Stück, in dem die S-Bahn-Linie 1, die in Wedel beginnt und über die Innenstadt nach Poppenbüttel und zum Flughafen führt, das Tempo und die Richtung vorgibt. „Hamburg ist ein sehr dankbarer Stoff“, schwärmt Ulrich Waller, Chef des St. Pauli Theaters und Musical-erfahrener Regisseur, der das Ganze schreiben und inszenieren wird. Er hat in Berlin schon das Udo-Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“ mit Schmackes auf die Bühne des Stage-Theaters am Potsdamer Platz gebracht, eine Arbeit, über die Udo Lindenberg sagte: „Uli Waller arbeitet nicht mit den üblichen Musical-Attributen, er macht etwas sehr Spezielles. Eine Fusion von Theater à la Zadek, Musical und Rock ’n’ Roll.“

Aber auf die Idee, ein Musical über die Stadt zu machen, so gibt der Theatermann Waller zu, hat ihn erst Vivian Hecker gebracht, die Leiterin von Marketing & Events beim Hamburger Abendblatt. Sie saßen zusammen und sprachen über die Revue, die Waller zum Jubiläum „100 Jahre Axel Springer“ inszeniert hatte, und Hecker sagte zu Waller: „Warum machen Sie so was nicht mal über Hamburg?“ Das hat sich Waller dann auch gefragt und losgelegt.

„Wir wollen eine Liebeserklärung an Hamburg schreiben“, erzählt er, der gemeinsam mit Drehbuchautor Markus Busch (er hat den letzten „Tatort“ mit Wotan Wilke Möhring geschrieben) das Stück „Linie S1“ schreibt und die Musik auswählt. „Natürlich gibt’s da eher zu viel Stoff als zu wenig. Es soll mehr werden als eine theatralische Postkartensammlung. Es wird eine richtige Verfolgungsjagd durch die Stadt. Ein Drittel spielt in der S-Bahn, zwei Drittel in der Stadt.“

Alles beginnt und endet mit der Liebesgeschichte zwischen Miguel, einem „Barmbeker Jung“ mit spanischen Wurzeln, und Luna, die aus Blankenese stammt. Beide begegnen sich in der S-Bahn und verlieren sich auch wieder, während sie die Reviere und Kieze der unterschiedlichsten Hamburger Stadtteile mit all ihren Highlights und Brennpunkten passieren, und vor allem auf die Menschen treffen, die hier leben. Der Jungfernstieg, ein Bahnhofskiosk in Barmbek, der Ohlsdorfer Friedhof, die Landungsbrücken und der Flughafen werden einige der Schauplätze sein. Nirgendwo sonst kann man so viel von einer Stadt und ihren Menschen zeigen wie auf einer Bahnfahrt, sagt Waller. Sein Co-Chef am St. Pauli Theater, Thomas Collien, ergänzt: „Wir versprechen eine rasante Fahrt durch Hamburg, die niemals entgleist, mit viel Liebe zu unserer Stadt. 100Prozent Hamburg, von Hamburgern für Hamburger, mit Hamburgern und dem Hamburg-Sound.“

Die Lieder werden Teil der Spielhandlung sein. „Ganz bestimmt ist ,Reeperbahn‘ von Udo Lindenberg dabei. Und auch Marius Müller-Westernhagens ,Lady‘, das sich um eine Reederstochter aus Blankenese dreht“, sagt Waller. Und ganz sicher auch was von Jan Delay, Hans Albers und „La Paloma“. „Wir nehmen nur Songs, die es bereits gibt“, erklärt Waller. „Man kann schöne kleine Geschichten erzählen. Wir denken da an zwei Senatoren, die noch mal in den Puff gehen, bevor sie über die Elbphilharmonie abstimmen. Zwei frustrierte Ehefrauen, die ihre Männer abzocken wollen, zwei Punker, die über die Gentrifizierung meckern, einen Hamburger Modeschöpfer, der sich darüber aufregt, dass es in Hamburg zu wenig guten Geschmack gibt. All diese typischen Hamburger Themen werden im Musical vorkommen. Und hoffentlich wird es auch komisch.“

Voraufführungen: 5.–7. September.Premiere 8. September, weitere Vorstellungen 10., 11., 13.-15., 17.–22., 24.–29. September, jeweils 20 Uhr sowie 1.–4., 8.–13., 15., 17., 18., 24. bis 30.Oktober jew. 20 Uhr, sonntags 19 UhrKarten: 18,90 bis 59,90 Euro.Vorverkauf: Hamburger Abendblatt Ticket-Hotline 040/30 30 98 98