Bei Studio Rakete sind die Trickfilmszenen zu dem Science-Fiction-Film „Der Kongress“ entstanden

Als kürzlich beim großen Festival in Cannes die Nebenreihe Quinzaine des Réalisateurs mit dem Film „Der Kongress“ eröffnet wurde, hatte ein kleines Hamburger Studio allen Grund, stolz zu sein. Das Science-Fiction-Werk des israelischen Regisseurs Ari Folman zeigt Robin Wright, Harvey Keitel und Danny Huston in den Hauptrollen und ist eine Mischung aus Realfilm und animierten Szenen. Die Trickfilm-Sequenzen sind bei Studio Rakete in Altona entstanden.

Der Film erzählt eine fantastische Geschichte, die sich an den Roman „Der futurologische Kongress“ von Stanislaw Lem anlehnt. Robin Wright spielt darin sozusagen sich selbst. Sie verkörpert eine Schauspielerin gleichen Namens, deren Karriere längst ihren Höhepunkt überschritten hat. Da macht ihr ein Hollywood-Studio ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann: Die Produzenten kaufen ihr die Rechte an ihrem eigenen Körper für 20Jahre ab, scannen ihn ein und drehen fortan mit dem animierten Double erfolgreich Filme, bei denen sie überhaupt kein Mitspracherecht mehr hat. Ihr Lohn ist ein großer Batzen Geld und das Versprechen, ihr digitales Ich niemals altern zu lassen. Sie geht diesen faustischen Pakt mit der möglichen Zukunft des Kinos in einer Welt ein, in der längst Psychopharmaka das Leben der Menschen steuern.

Stanislaw Lem schrieb seinen Roman 1970. Bei dem polnischen Science-Fiction-Autor, der mit seinem Roman „Solaris“ schon die Vorlage für die Verfilmungen von Andrei Tarkowski und Steven Soderbergh lieferte, steht der Raumfahrer Ijon Tichy im Mittelpunkt des Geschehens. Ari Folman hat den Roman sehr frei adaptiert. Der Regisseur hat bisher überwiegend Dokumentarfilme gedreht, dann aber mit dem animierten und autobiografischen „Waltz With Bashir“ über die traumatischen Kriegserlebnisse eines israelischen Soldaten im ersten Libanon-Krieg einen weltweiten Erfolg landen können, nachdem er ihn 2008 im Wettbewerb von Cannes präsentiert hatte.

„So ein Drehbuch habe ich überhaupt noch nicht gesehen“, staunte Rakete-Chefin Jana Bohl, als sie das Script in den Händen hielt. Im Gegensatz zu vergleichbaren Texten hatte der Regisseur jede Menge Regieanweisungen in den Text geschrieben. Grundsätzlich unterscheidet sich das Drehbuchschreiben für Animationsfilme von dem für Realfilme: „Man schreibt für Kreaturen, die noch keiner kennt, und über Welten, die erst noch erschaffen werden müssen“, so Bohl. Und da hat sich Folman einiges einfallen lassen, was weit über die Romanvorlage hinausgeht. In den animierten Szenen reitet zum Beispiel Hitler auf einer weiblichen Brust durch die Gegend, Michael Jackson und Elvis Presley sind ebenso dabei wie einige bekannte Gestalten aus der Trickfilm-Geschichte, diverse Krieger und Kakerlaken – das Personal ist ausgesprochen umfangreich. „Folman wusste genau, was er wollte.“ Um den Rohschnitt des Realfilms zu zeigen und die Details zu besprechen, kam er in die Hansestadt. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein hat den Film unterstützt, Produktionsfirmen aus Deutschland, Israel, Polen, Frankreich, Belgien und Luxemburg wirkten mit.

Insgesamt etwa 30Minuten hat Studio Rakete beigesteuert. Besonders komplexe Szenen hat Robin Wright ihnen vor der Kamera vorgespielt. Aber die 20Rakete-Mitarbeiter, die mit dem Film beschäftigt waren, haben auch das Layout, also quasi die Raumplanung, gemacht und die zum Teil sehr aufwendigen Hintergründe gestaltet. Ein halbes Jahr hat man bei Rakete an den Szenen gearbeitet. Eine große Herausforderung für das Hamburger Studio, das sonst auf 3-D-Filme für ein junges Publikum spezialisiert ist. Kurz vor Weihnachten kam „Niko 2: Kleines Rentier, großer Held“ bei uns in die Kinos. Zurzeit bereitet Bohl den biblischen Spaß „Uuups, Noah ist weg …“ vor.

Pandora Film bringt „Der Kongress“ im Herbst in die Kinos.