In Hamburger Unternehmen greifen Mitarbeiter zum Instrument oder singen im Chor

Das 30 Quadratmeter große Büro bei Repower wurde extra ausgeräumt. Wo sonst Ingenieure an der Technik von Windrädern tüfteln, stehen heute Instrumente: Gitarren, ein Keyboard, ein Schlagzeug. Trompete, Posaune und Saxofon. Jeden Montag um 18Uhr kommen neun Mitarbeiter des Anlagenbauers mit Hauptsitz in Hamburg in diesen Raum, um in Büdelsdorf bei Rendsburg zu rocken. „Manchmal steckt einer der Kollegen den Kopf ins Zimmer, um zu sehen, was bei uns abgeht“, sagt Bandleader Henning Rademacher. „Aber die meisten wissen inzwischen, dass wir hier üben und dass es laut werden kann.“ Werden die Verstärker aufgedreht, vibriert manchmal sogar die angrenzende Wand. „Sie ist aber auch ein Leichtbau“, sagt Rademacher und lächelt.

Die Band, die inzwischen für die Belegschaft bei Sommerfesten oder auf Weihnachtsfeiern für Stimmung sorgt, ist nur ein Beispiel für die Musik, die Arbeitskollegen von Hamburger Firmen gemeinsam machen. Musikgruppen haben auch die Haspa oder der Versandhändler Otto, einen Chor die Holsten-Brauerei und das Mercedes-Werk in Hausbruch. Der Flugzeugbauer Airbus auf Finkenwerder leistet sich sogar ein Orchester. Die Mehrzahl der Hobbymusiker ist dabei als eigenständige Sparte im Betriebssportverband Hamburg organisiert. „Bei uns sind 13 Chöre von Hamburger Firmen Mitglied. Hinzu kommen wohl noch einmal zehn Firmengruppen, die in der Stadt mit Instrumenten unterwegs sind“, sagt Verbandsgeschäftsführer Ulrich Lengwenat-Hahnemann. Mindestens 800 Musikliebhaber in Hamburger Firmen dürften so mit ihren Kollegen singen oder musizieren. „Traditionelle Chöre und Gruppen haben dabei eher Nachwuchsmangel. Aber es gibt auch viele Neugründungen“, so Lengwenat-Hahnemann. Das Engagement der Hobbymusiker wissen die Firmen zu schätzen. „Gemeinsam Musik machen fördert die Kommunikation sowohl im privaten wie auch im beruflichen Miteinander“, sagt Frank Müller, der Personalchef des Airbus-Werks in Hamburg. Dass er dieses Ziel für wichtig hält, wird durch die finanzielle Unterstützung deutlich. So stellt der Flugzeughersteller ebenso wie Repower bei Auftritten Fahrzeuge bereit und hat auch die Kosten für die blauen Uniformen der Orchestermitglieder übernommen. „Die meisten Firmen zahlen dazu die Chorleiter und stellen kostenlos Räume für die Proben bereit“, sagt Lengwenat-Hahnemann.

„Wir haben seit 25Jahren unseren Proberaum in der Gewerbeschule in Wilhelmsburg“, sagt Manfred Kook, Leiter des Airbus-Orchesters. Den Übungsplatz hatte der ehemalige Hausmeister, der selbst Baritonsaxofon spielte, an die Bläser vermittelt. Auch sie, die bis Anfang 1999 noch als Blaskapelle Wilhelmsburg firmierten, traten dann in die Betriebssportgemeinschaft des Flugzeugbauers ein. Inzwischen sind die Musiker, die sich auf Filmmusik und Swing spezialisiert haben und sich als modernes Unterhaltungsorchester verstehen, Stammgast bei vielen Airbus-Veranstaltungen. Sie waren bei Familientagen dabei, spielten mit zwei Jazzbands aus Toulouse und werden am 16.Juli beim Rentnertreffen für Unterhaltung sorgen. Zu der Veranstaltung werden bei Airbus 1500Gäste erwartet. Das Orchester plant zudem jedes Jahr zwei eigene Konzerte, eins in Wilhelmsburg und eins auf Finkenwerder. Dazu kommen Stadtteil-, Schützen- und Straßenfeste.

„Wir haben Spaß“, sagt Chorchefin Bettina Elfers über die Proben jeden Donnerstag auf dem Werksgelände des Mercedes-Werks in Harburg. Die Gründung des Chores geht auf die Initiative von sieben Frauen von Mercedes zurück, die ein Reisebüro zu einer Dienstreise nach München eingeladen hatte. „Auf dem Rückflug am 5.Dezember 2000 haben wir spontan ein Lied von Marius Müller-Westernhagen angestimmt“, sagt Elfers. Zwar guckten die Fluggäste erstaunt, aber die Damen wollten es nicht bei einem Auftritt belassen. „Wir haben im Werk gefragt, wer noch Interesse am Singen hat und uns schon am 3.Mai 2001 zur Gründung des Chores in der Mercedes-Betriebssportgemeinschaft getroffen“, sagt Elfers.