Wie Magdalena Bethge das Betriebsklima verbessert. So sollen Top-Arbeitskräfte gebunden werden

Magdalena Bethge braucht lange für die Tour durch die Büros von Jimdo, und der Besuch der Internetfirma kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Hier ist unser Aquariumraum“, sagt die junge Frau mit einem Lächeln und zeigt auf eine gemütliche Sitznische mit Kissen. Bilder von Schiffen und Seepferdchen sind auf die Wände gemalt, und hinter dem Glas schwimmen bunte Fische vorüber, echte Fische natürlich. Perfekt zum Ausspannen.

Eine Etage tiefer sitzen Dutzende Mitarbeiter kauend an langen Tischen, laute Musik dröhnt durch den Raum mit der offenen Küche, es duftet nach frischen Kräutern. Hinter dem Tresen werkelt Sam, der Koch von der Elfenbeinküste, „er verwöhnt uns mit exotischen Köstlichkeiten wie Kochbananen, Merguez-Würstchen oder Sushi“, erzählt Magdalena. Weiter geht es zur betriebseigenen Fahrradwerkstatt, wo die Räder der Mitarbeiter auf ihre Reparatur warten. Ein paar Schritte weiter sind eine Sportecke mit Fitnessgeräten und ein sogenannter Powernapping-Raum mit Liegen für das Mittagsschläfchen geplant, außerdem sorgt eine Fotoausstellung mit Werken der Mitarbeiter für schöne Wände.

Das Büro in der charmanten Industrieoptik einer Ex-Margarinefabrik in Bahrenfeld scheint für alle Eventualitäten des Arbeitsalltags ausgerüstet zu sein, egal ob die 120Beschäftigten arbeiten, Ruhe brauchen, Sport treiben, schlafen oder essen wollen. Und Magdalena (hier duzen sich alle) hat wohl den ungewöhnlichsten Job der Stadt: Sie ist Jimdos Feelgood-Managerin.

Die 30-jährige studierte Sportwissenschaftlerin kümmert sich nicht nur um die unterschiedlichen räumlichen Angebote in der Firma, sondern auch um Outdoor-Aktivitäten: „Wir haben mittags eine Laufgruppe, spielen Fußball, gehen im Sommer an die Strandperle, fahren zur Wasserskianlage zum Wakeboarden und machen Klassenfahrten.“

Klassenfahrten, also Betriebsausflüge mit der ganzen Firma, gehen bei Jimdo mit dem firmeneigenen Bus ins Heuhotel an der Nordsee oder zum Paragliden nach Österreich. Das ganze Freizeitpaket dient dabei nicht nur dem Vergnügen der Mitarbeiter, die im Schnitt 30Jahre alt sind. „Als wir die Marke von 60Leuten überschritten hatten, haben wir gemerkt, dass wir uns mehr als bisher auf unsere Unternehmenskultur besinnen müssen“, sagt Fridtjof Detzner, einer der Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens. Angefangen hatte die Geschichte von Jimdo vor gut zehn Jahren auf einem Bauernhof bei Cuxhaven. Damals tüftelte Fridtjof mit einem Schulfreund an einem Bausatz für Webseiten, der es jedem auch noch so technisch unbegabten Internetfan ermöglichen sollte, seine eigene Präsenz mit Bildern und Texten im Netz zu erstellen. „Wir saßen Tag und Nacht am Rechner, und wenn wir nicht mehr konnten, haben wir draußen Holz gehackt“, erinnert sich der 29-Jährige. Dieses Engagement für die Sache, ein gemeinsames Ziel vor Augen, verbunden mit der Möglichkeit, bei der Arbeit auch mal den Kopf freizubekommen, wollte Fridtjof auch in die stark gewachsene Firma hinüberretten.

Deshalb wurde Magdalena als Feelgood-Managerin eingestellt und die sogenannten Teambildungsmaßnahmen kamen hinzu. Und noch etwas: „Wir sind eine Wissensfirma und darauf angewiesen, dass wir das Wissen unserer Mitarbeiter auch möglichst lange nutzen können“, sagt Fridtjof. Noch immer stellt Jimdo Software für das Erstellen von Webseiten her, verdient mit Kunden, die für anspruchsvollere Werkzeuge dabei einen Monatsbeitrag zahlen und ist nach eigenen Angaben damit seit drei Jahren profitabel.

Aber es gibt auch Konkurrenten wie ePages oder WordPress, außerdem jede Menge Webagenturen, die für Firmen Onlineshops erstellen. Angesichts eines drastischen Fachkräftemangels gerade unter Softwarespezialisten, die aber auch gerne mal nach Berlin oder Barcelona wechseln, wenn sich ein attraktives Angebot ergibt, befindet sich die gesamte Branche im Kampf um die besten Köpfe.

Jimdo versucht nicht nur, den Mitarbeitern Freizeiterlebnisse zu verschaffen, um die Teams und die Loyalität zu stärken. Die besondere Philosophie des Unternehmens geht noch weiter. „Jedes Team bildet sich in Abhängigkeit von der Aufgabe immer wieder neu und definiert dabei seine Ziele auch selber“, sagt Fridtjof. Kürzlich war er mit Kollegen ein paar Tage in Dänemark, um auf einem der sogenannten Sprints, einem intensiven Arbeitsausflug, solch ein neues Ziel zu definieren. Mitarbeiter, die für bestimmte Projekte benötigt werden, sucht das Team dann auch selbstständig. Wer dann neu in die Firma kommt, wird einen ganzen Tag von Magdalena durch die Büros geführt, darf sein Bild in der Kantine aufhängen und beispielsweise ein Mitarbeiter-Memory spielen, um sich die Namen der Kollegen zu merken. Anschließend organisiert Magdalena regelmäßige Feedback-Gespräche, um die Wünsche und Ziele von Angestellten und Arbeitgeber aufeinander abzustimmen.

„Wir haben sehr hohe Ansprüche an unsere Mitarbeiter“, gibt Fridtjof zu, aber die offene Kommunikation schaffe zugleich ein sehr gutes Klima innerhalb des Unternehmens. „Das ist vielleicht nichts für absolute Einzelkämpfer“, sagt Magdalena, aber die geringe Fluktuation im Unternehmen bestätige die Wirkung der Maßnahmen.

Wir haben mittags eine Laufgruppe, spielen zusammen Fußball und machen Klassenfahrten.