Mehr und mehr ausländischen Fachkräften gelingt die Anerkennung ihrer Abschlüsse in Hamburg

Frauen können keine Autos reparieren. Diesen Satz hat sich Flore Fowo in ihrer Heimat Kamerun oft anhören müssen. Die Arbeit sei zu schwer und zu anstrengend. Der Vater konnte nicht verstehen, warum ausgerechnet seine Tochter eine technische Ausbildung machen wollte. „Ich wollte es den Männern einfach zeigen“, sagt Flore Fowo, während sie im Blaumann in einer Hinterhofwerkstatt in St.Georg steht. In den Augen der 29-Jährigen blitzt jener Widerstandsgeist auf, der schon den Vater vor Jahren in die Knie gezwungen haben dürfte. Als einzige Frau in ihrem Jahrgang hat die Afrikanerin eine Ausbildung als Elektromechanikerin in der Wirtschaftsmetropole Douala absolviert. Zur Weiterbildung ging sie in den vom Krieg erschütterten Tschad, hängte in Kamerun noch ein Maschinenbaustudium mit Fachrichtung Automobilmanagement dran.

Die Liebe zu ihrem heutigen Mann, einem Flugzeugingenieur, verschlug Flore Fowo vor gut einem Jahr nach Hamburg. Doch statt mit ihren Abschlüssen gleich beruflich durchstarten zu können, ging ihr Kampf um einen gut bezahlten Job auch in der Hansestadt weiter. Jetzt müht sich die junge Frau darum, dass ihre Zeugnisse in Deutschland akzeptiert werden und sie sich möglichst bald als Kfz-Meisterin auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben kann. „Nur so habe ich gute Aussichten auf einen qualifizierten Job“, sagt sie.

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist leichter geworden, seit vor gut einem Jahr das sogenannte Berufsqualifizierungsfeststellungsgesetz in Kraft getreten ist. Danach genießen Menschen, die im Ausland eine Ausbildung gemacht haben, ein Recht darauf, dass die Anerkennung ihres Abschlusses geprüft wird. So will die Regierung den Fachkräftemangel bekämpfen. Rein theoretisch könnten bundesweit rund 300.000Menschen von der veränderten Gesetzeslage profitieren, 6000 davon in Hamburg.

Von diesen Zahlen ist man allerdings sowohl auf Bundesebene als auch in der Hansestadt noch weit entfernt. In Hamburg hat die Zentrale Anlaufstelle Anerkennung (ZAA) bis Ende Januar dieses Jahres rund 1350Menschen beraten. Mehr als 800Interessenten stellten einen konkreten Antrag, wobei 250 eine komplette Anerkennung ihrer Abschlüsse erhielten, 210 zumindest eine teilweise.

„Das größte Hemmnis bei der Anerkennung eines ausländischen Abschlusses sind nach wie vor fehlende Dokumente aus den Heimatländern der Antragsteller“, sagt der Leiter der Zentralen Anlaufstelle, Michael Gwosdz. „Oft ist es für die Interessenten schwierig nachzuweisen, dass sie kontinuierlich in einem Beruf gearbeitet haben.“ Flore Fowo hat im Vergleich zu anderen Antragstellern Glück gehabt, sie ist in dem aus EU-Mitteln finanzierten Projekt „Anpassungsqualifizierung im Handwerk“, gelandet. In diesem Programm kümmert sich die Hamburger Handwerkskammer darum, dass Menschen mit ausländischen Zeugnissen jene Fertigkeiten nachholen können, die ihnen zur Anerkennung ihrer Abschlüsse in Deutschland noch fehlen.

So muss die Kamerunerin Fowo nun noch einen Kurs zur technischen Fachwirtin und zur Ausbildung von Lehrlingen absolvieren, um als Kfz-Meisterin anerkannt zu werden. Vor allem aber fehlen der energischen Frau noch einige praktische Erfahrungen in der Werkstatt, weil ihre Ausbildung in Afrika sehr theorielastig war. In der Alfa-Romeo-Werkstatt Arnst in St.Georg wird Flore Fowo in den kommenden drei Monaten daher ein Praktikum absolvieren, Bremsklötze wechseln, Motoren ausbauen und Getriebe reparieren. „Sie verfügt über ein solides Grundwissen“, sagt Kfz-Meister Siegfried Tolle, der die junge Kollegin in der Werkstatt betreut. Nur sprachlich gebe es gelegentlich noch Probleme. „Wenn ich einen Kreuzschlitzschraubenzieher verlange, dann krieg ich möglicherweise auch mal ein anderes Werkzeug“, sagt Meister Tolle schmunzelnd.

15 Männer und Frauen aus unterschiedlichen Ländern betreut die Handwerkskammer derzeit in Qualifizierungsprojekten. Darunter sind Metallbauer, Elektroniker und Feinwerkmechaniker, aber auch eine Kosmetikerin und eine Friseurin aus dem Iran. Diese verfügt zwar über 20Jahre Berufserfahrung, hat in ihrem Heimatland aber immer nur Frauen die Haare geschnitten. Für eine volle Anerkennung als deutsche Gesellin holt sie nun die Kunst der Herrenfrisur nach.

Nur als Meisterin habe ich gute Aussichten auf einen qualifizierten Job.