Tanja Hapelt trainiert mit Fahrschülerinnen, die Angst vorm Autofahren zu überwinden

Schon beim Einstieg ins Auto hatte sie Panik, der Bauch grummelte, die Hände waren schwitzig. Dilek Lau kann sich noch genau an diesen Moment erinnern, auch wenn er schon lange zurückliegt. Genauer gesagt war es 2003, als die heute 28-Jährige ihre erste Fahrstunde absolvierte. Ein Horror sei es damals für die lebenslustige Frau gewesen, sich hinters Steuer zu setzen. Keiner konnte ihr die Angst nehmen. Nicht einmal der Fahrlehrer, der durchaus sympathisch war. Also gab sie auf.

Jetzt nimmt die Bürofachkraft einen neuen Anlauf, um endlich den Führerschein zu erwerben. Inzwischen kann sie sogar laut lachen, wenn sie den weißen Polo durch die Straßen kutschiert und mal wieder den falschen Gang einlegt. Denn Lau fühlt sich sicher, „was natürlich auch an meinem Beifahrer liegt“, sagt die Mutter der fünfjährigen Melek. Der Beifahrer, das ist Tanja Hapelt, die im Rahlstedter Ortsteil Meiendorf Lady Drive leitet, eine Fahrschule von Frauen für Frauen.

Die 40-Jährige ist gelernte Erzieherin und Familientherapeutin, was ihrer Arbeit als Fahrlehrerin zugute kommt. „Dadurch kann ich die Schülerinnen besser einschätzen und schnell erkennen, wie sie lernen und wo ich ansetzen muss“, sagt sie. Zu ihrem Klientel zählen Anfängerinnen, Frauen, die die Fahrpraxis verloren haben und eben solche wie Lau, die ihre Ängste überwinden wollen. 45 Damen jeglichen Alters schenken Hapelt derzeit ihr Vertrauen, obwohl es die Fahrschule erst seit gut zwei Monaten gibt.

Verwundern kann das nicht, denn Hapelt agiert souverän, mit viel Fingerspitzengefühl und wählt ihre Worte mit Bedacht. Als Dilek Lau in einer 30er-Zone dem Vordermann bedenklich nahe kommt, macht sie die Fahrlehrerin mit den Worten „Hase, hältst du mal ein bisschen Abstand“ auf das Fehlverhalten aufmerksam. Man könnte meinen, hier sitzen beste Freundinnen nebeneinander.

Genauso kommunizieren die beiden auch während der eineinhalbstündigen Fahrt auf Autobahn, Landstraße und in der Stadt, während aus dem Radio leise Musik ertönt. Es wird auch Privates ausgetauscht. So ist die Neuanschaffung eines Kickertisches im Hause Lau ein Thema und das geplante Grillen am kommenden Wochenende bei Hapelt. Trotzdem sind beide auf das Wesentliche fokussiert: das Autofahren. „Hier geht es eben locker zu, aber so kann ich am besten lernen“, betont Lau.

Inzwischen hat Dilek Lau 16 Fahrstunden – zwischen 28 und 35 sind es im Schnitt bis zur Prüfung – hinter sich gebracht und ihre Ängste durch die Teilnahme an einem speziellen Kursus in der Fahrschule abgelegt. Dieser ist individuell gestaltet und erstreckt sich über einen Zeitrahmen von dreimal eineinhalb Stunden. Die Termine können sich die Fahrschülerinnen selbst aussuchen.

Angst vor dem Autofahren, typisch Frau? Das sei beileibe kein weibliches Phänomen, vielmehr neigen Frauen laut Hapelt dazu, offener über Gefühle zu reden als Männer. Und auch die gängigen Klischees, zum Beispiel Frauen könnten nicht so gut einparken, hätten sich in der Praxis nicht bestätigt. Hapelt muss es wissen. Sie hat in den vergangenen 13 Jahren Hunderte von Frauen und Männern durch die Fahrprüfung gebracht. „Es gibt keine großen Unterschiede in der Qualität des Fahrens. Auffällig ist allerdings, dass Frauen im Straßenverkehr mit Fehlern anderer entspannter umgehen“, sagt sie. Geduld und pädagogische Fähigkeiten sind Hapelt wichtig. Eine Schülerin wegen eines Fehlers anzuschnauzen, würde ihr nie in den Sinn kommen. Deswegen ist auch Daniela Kurpisz zur Frauenfahrschule gewechselt. Den Tipp bekam die 19-Jährige von einer Freundin. Die Kommunikation mit ihrem ehemaligen Fahrlehrer sei eine Katastrophe gewesen. Jetzt ist der Auszubildenden zur Altenpflegerin die Freude am Autofahren anzusehen, die Selbstzweifel sind verflogen.

Kurpisz und Lau sind sich einig, dass es mehr Fahrlehrerinnen von der Sorte Hapelts geben müsste. Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn ihre Tochter Lea, 17, möchte beruflich in die Fußstapfen der Mutter treten. Das Mindestalter zur Erlangung der Fahrlehrerlizenz liegt bei 22 Jahren. Bis dahin werden Dilek Lau und Daniela Kurpisz ihren „Lappen“ vermutlich längst in der Tasche haben.

Es gibt keine großen Unterschiede in der Qualität des Fahrens zwischen den Geschlechtern.