Der Nachwuchswettbewerb „Holz bewegt“ zeigt die Arbeiten erstaunlicher Design-Talente

Bei modernem Möbeldesign denken viele von uns an ausgefallene, unbequeme Formen, deren Funktion nicht mehr zu erkennen ist. Anders die Objekte der diesjährigen Ausstellung „Holz bewegt“, die noch bis zum 2. Juni im Museum der Arbeit am Wiesendamm zu sehen sind. Kaum weiß das Auge hier, wohin es sich bei diesem Mix aus Formschönheit und durchaus erkennbarer Funktionalität zuerst wenden soll.

Der Blick schwebt zum aus Esche (Biegeschichtholz) und Bootslack gefertigten Lastenrad von Daniel Häckermann, mit dem sich im Bedfarfsfall ganze Kleinmöbel transportieren lassen, und weiter zum Gartenmöbel Sigaru von Tischlermeisterin Sonja Scheibl, einem außergewöhnlichenMultifunktionsmöbel, das sich als Sitzbank, Gartentisch und Ruhelager zugleich verwenden lässt.

Anders als in Museen üblich, dürfen die Besucher die Ausstellungsstücke in diesem Fall auch berühren, erproben, Türen öffnen, Mechanismen erforschen, die Möbel mit gebotener Vorsicht „besitzen“ oder „beliegen“. Holz ist eben ein Material wie kein zweites. Jedes Brett zeigt eigene Maserungen, Verwachsungen und hat einen eigenen Geruch.

Und jeder Mensch entwickelt zur Naturhaftigkeit des Materials eine eigene, ganz persönliche Beziehung. Die Schau will auch das Bewusstsein dafür schärfen, die so vielseitig einsetzbare, aber nicht unbegrenzt vorhandene Ressource Holz zu schützen und zu bewahren.

„Holz bewegt“ ist aus dem dritten Nachwuchswettbewerb „Raum – Möbel – Interieur“ hervorgegangen. Initiator Johannes Jürgensen von der Beruflichen Schule Holz.Farbe.Textil Hamburg geht es vor allem darum, die Gestaltungskompetenz der Holz verarbeitenden Gewerke zu verbessern. An dem Wettbewerb nahmen Tischlermeister, Gesellen, Innenarchitekten und Fachschüler aus allen fünf Bundesländern Norddeutschlands teil. Aus insgesamt 62 Einsendungen wählte eine Fachjury 42 Exponate aus. Sie reichen vom Spielzeug bis zur Outdoor-Garküche. Man staunt angesichts der Jugend der Macher, wie originell und exakt bis ins kleinste Detail die einzelnen Stücke ausgearbeitet sind.

In der Kategorie Produktqualität etwa hat Jasper Seemann, Auszubildender im zweiten Lehrjahr am Thalia Theater Hamburg, eine außergewöhnlich formschöne, geschwungene Liege entwickelt. Er teilt sich den ersten Preis mit Henning Lemcke, der für seinen Schaukelstuhl Suutje Bark eine für das 2. Ausbildungslehrjahr am Rosengarten ungewöhnliche Fachreife offenbart.

André Wolf hat mit der Jugendwerkstatt Rosenallee Hamburg den Umweltpreis gewonnen. Die Sitzschalen der „RestBank“ stammen von einem Müllplatz. Geschraubt sind sie auf einen Scheunenbalken. Dank einer Federung aus einem ausrangierten Sofa schwanken die Sitze recht lustig hin und her und lassen sich über eine Schiene dicht nebeneinander platzieren, einander zugewandt oder aber auch nach Art eines Ruderzweiers.

Sehr hübsch und deshalb mit dem ersten Preis in der Rubrik Design bedacht, ist auch der „Stubenhocker“. Ein großzügig geschwungenes Sitzmöbel aus Esche, das die Möglichkeit, auf einem kleinen Vortischchen an Laptop oder Tablet-PC zu arbeiten, und das mit einer völlig entspannten Sitzhaltung verbindet. Ausgedacht hat sich das eine Klasse der Fachhochschule Holztechnik Hamburg. Der so sympatische „Stubenhocker“ läuft folgerichtig bereits als gut verkäufliche Kleinserie.

Den ersten Preis im Bereich Innovation fertigten sechs Schülerinnen und Schüler der Fachschule für Technik und Gestaltung Flensburg an. Sie nutzten eigene ganz persönliche und intensive Festival- und VW-Bus-Erlebnisse, um mit dem „Woodpacker“ einen besonders kompakten und auch noch zerlegbaren Campingtisch zu entwickeln, bei dem sich die Tischplatte wie ein Lattenrost ausrollen lässt.

Ergänzt wird die ungewöhnliche Schau wie in den vergangenen Jahren durch zahlreiche praktische Vorführungen von Drechslern, Holzbiegern, eines Intarsientischlers aus den Vierlanden und einer Bildhauerklasse aus Flensburg.

Auch die Besucher dürfen selbst drei Publikumspreise vergeben. Die ersten 500 erhalten überdies als kleines Geschenk eine Blumenvase besonderer Art: einen Holzklotz mit Reagenzglas für eine Blume. Es ist schön, wenn Design, das auch mit einer humorvollen Wahrnehmung der Wirklichkeit zu tun hat, hier das Sein bestimmt.

Um das Thema „Gestaltung und Design im Handwerk“ geht es bei einer öffentlichen Podiumsdiskusion, die am Montag um 18 Uhr beginnt. Auf dem Podium sitzen Vertreter aus Praxis und Lehre, die mit den Gästen – nach vorheriger Führung durch die Ausstellung – diskutieren wollen. Diese Führung beginnt bereits eine Stunde vorher, um 17 Uhr.

„Holz bewegt. 3. Norddeutscher Nachwuchswettbewerb Raum – Möbel – Interieur“ bis 2.6., Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Mo 13.00-21.00, Di-Sa 10.00-17.00, So 10.00-18.00, Termine zu Kursen und Veranstaltungen unter www.holzbewegt.info

Trotz der Jugend der Teilnehmer sind die Wettbewerbsstücke handwerklich exakt gearbeitet.