Abendblatt-Autorin Irene Jung ist im igs-Jahr der Hamburger Gartenkultur auf den Grund gegangen und traf diese Nachbarinnen, die Stauden und Gemüse mischen

Es gibt ihn gar nicht, den typischen Bauerngarten, sagen Heimatforscher. Jedenfalls nicht als wissenschaftlich definierte Gartenform, ist in Gartenzeitschriften zu lesen. Fest steht, dass man im Jahr 1913 im Botanischen Garten Hamburg eine Art Ideal-Bauerngarten anlegte. Er vereinte die typischen Merkmale, die wir von Bauerngärten heute erwarten: die geometrische Anlage mit einem Wegkreuz, mit buchsumrandeten Beeten, drumherum Staketenzäune oder Hecken; in der Mitte ein Rondell mit Blumenbeet, Brunnen oder einem kleinen Baum. Nachdem der Botanische Garten 1979 aus Platzgründen von Planten un Blomen nach Klein Flottbek umgezogen war, entstand dort in den 1980er-Jahren ein ähnlicher Bauerngarten.

„Solche Gärten gab es bei uns im Norden seit etwa 200 Jahren zu sehen. Mal mit Rondell, mal ohne. Mal mit Buchs eingefasst, mal mit Steinen. Die Bäuerinnen hatten auch früher schon Stauden mit Blumen für die Vase oder für die Kirche.“ Prof. Hans-Dieter Warda muss es wissen. Der langjährige Dozent für Bepflanzungsplanung und Dendrologie (Baumkunde) war 22 Jahre in Klein Flottbek tätig, hat dort den heutigen Bauerngarten angelegt; seit 1985 ist er ehrenamtlicher Leiter des Arboretums Ellerhoop und richtete dort ebenfalls einen Bauerngarten ein, vor dem großen historischen Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert. Auch zwei Hamburger Gartenfreundinnen trauen sich an Bauerngärten heran. Ute Rückert und Erika Pyko-Schlottow sind Nachbarinnen in einem Volksdorfer Doppelhaus. Bei Erika Pyko-Schlottow liegt der Bauerngarten zu Füßen eines knallblau gestrichenen Schwedenhäuschens. Fast schon ein Postkartenmotiv zusammen mit dem üppigen, in Buchsbaum eingefassten Staudenbeet, auf dem sich Klatschmohn, Rittersporn, Pfingstrosen, Eisenhut, Tränende Herzen und Farn ausbreiten. „Für mich gehört zu einem Bauerngarten ein Staudenfeld, in dem man richtig schöne Sträuße pflücken kann“, sagt Pyko-Schlottow. Sträuße sind das Hobby der Immobilienmaklerin.

Für ihre Gemüsebeete hat sie buchstäblich geackert: „Ich habe zehn Zentimeter tief wirklich jede einzelne Giersch-Wurzel ausgegraben, dann Lupinen als Düngepflanzen gesetzt und im Herbst untergegraben.“ Das hat sich gelohnt. Sie zieht Zwiebeln, Salate, Kohlrabi, Kohlsorten, Bohnen, Kartoffeln, Rote Bete und Kräuter und Zucchini.

Auch bei Rückerts liegt der Bauerngarten hinter einem üppigen Staudengarten. Den Übergang markiert ein Sitzplatz am stilvollen Metall-Pavillon, der in der Schlosserei einer Jugendstrafanstalt gefertigt wurde. Hinter einem Rosenbogen beginnt das klassische Karree mit Wegkreuz und vier buchsumrandeten Beeten. Um die starre Quadratform zu durchbrechen, hat Ute Rückert ihre Kartoffeln, Salate, Zwiebeln und Kräuter in diagonalen Reihen gesetzt, dazwischen wippen die fein gefiederten Blätter des Fenchels und die blutrot gemaserten des Mangolds. Die Blumenpracht in ist ländlich: Außer Pfingstrosen hat Ute Rückert eine Wildblumen-Saatmischung ausgebracht mit Kornblumen, Gräsern, Mohn, Schafgarbe, Margeriten und blauen Beinwell. Als Mitglied der „Gesellschaft der Staudenfreunde“ nimmt sie mit ihrem Mann Gerd auch an Gartenreisen ins Ausland teil. Für beide ist der Garten neben drei erwachsenen Kindern und vier Enkeln „ein Lebensinhalt“, sagt Gerd Rückert und ergänzt: „Wir sind keine nörgeligen alten Menschen.“