Die Zwillinge Benjamin und Jonas Miesner haben den Landessieg bei „Jugend forscht“ errungen

Sie stapften durch den Elbschlick, als ihre Eltern noch schliefen. Sie rasten mit dem Rad durch Hamburg, während ihre Freunde das Wochenende genossen. Sie feilten an ihrer Arbeit, während ihre Mitschüler die Abiturprüfungen feierten. Benjamin und Jonas Miesner haben einen langen Weg hinter sich. Die 18-jährigen eineiigen Zwillingsbrüder aus Klein Flottbek gewannen vor Kurzem den Hamburger Landeswettbewerb „Jugend forscht“ im Bereich Biologie.

Zur Ruhe kommen die Abiturienten seitdem aber immer noch nicht. Vom 30. Mai bis zum 2. Juni fahren Benjamin und Jonas Miesner zum Bundesentscheid des Forschungswettbewerbs nach Leverkusen. Bis dahin gilt es, ihre Präsentation zu perfektionieren. „Jetzt wollen wir auch auf Bundesebene einen Preis gewinnen“, sagt Jonas Miesner selbstbewusst.

Ein Jahr lang haben die Zwillinge zwischen Cuxhaven und Lauenburg die Phosphatwerte in der Elbe untersucht. Mit erstaunlichen Ergebnissen: Insbesondere in der Este, einem Seitenarm der Elbe, stellten die Miesners vielfach höhere Konzentrationswerte fest. Die Abwässerungsgräben des Alten Landes seien in den Obstplantagen durch die ständige Düngung mit Phosphat besonders stark verschmutzt. Das verunreinigte Wasser gelange in die Elbe und sorge dort für einen zunehmenden Algenwuchs und ein gestörtes Gleichgewicht des Ökosystems. Auf die Ergebnisse sind die Schüler vom Gymnasium Hochrad in Othmarschen stolz. „So eine Untersuchung ist in dieser Form in Hamburg bislang einmalig“, sagt Benjamin Miesner.

Angeregt wurden die Zwillinge von ihrem Biologielehrer Dr. Rüdiger Kock, der mit seinen Schülern bereits mehrere Preise bei „Jugend forscht“ gewonnen hat. „Er hat uns mit seiner Begeisterung für den Wettbewerb angesteckt und uns immer wieder motiviert“, sagt Jonas Miesner. Insbesondere in der Phase, in der die Zwillinge nicht mehr weiterwussten. Es war im März 2012, als das Projekt der Brüder zu scheitern drohte. Die Idee war ausgereift, doch es fehlte die Methode, um Phosphate im Bodensatz nachzuweisen. Der entscheidende Gedanke kam ihnen dann ganz ohne Hilfe. „Plötzlich fiel mir der Weg über den Austausch von Kationen zwischen Bodensatz und Wasserkörper ein“, sagt Jonas Miesner. Das war der Durchbruch.

Wochenlang fuhren die Schüler durch Hamburg und Schleswig-Holstein und entnahmen Wasser- und Bodenproben. In Teufelsbrück, Rothenburgsort, an der Köhlbrandbrücke und im Hamburger Yachthafen - mit ihrem Sedimentkernstecher reisten Benjamin und Jonas Miesner quer durch das Elbgebiet. An den meisten Stellen des Flusses konnten sie keine deutlich erhöhten Werte nachweisen. Dafür stellten sie im Yachthafen in Wedel eine sogenannte Phosphatfalle fest, die Freisetzung des Nährstoffs aus den Ablagerungen im Wasser. Bei ihren Untersuchungen ernteten die Zwillinge auch immer wieder strenge Blicke. „Im Alten Land hatten wir Streit mit einem Bauern, weil wir auf seinem Feld unterwegs waren“, erinnert sich Benjamin. Auch die Brüder gerieten gelegentlich aneinander, zu Krach kam es aber nie. „Wir können zusammen sehr effektiv arbeiten. Benni ist mehr der Organisator, ich bin eher der Analytiker“, sagt Jonas.

Rüdiger Kock hält viel von seinen Schülern. „Benjamin und Jonas sind fleißig, kreativ und vielseitig begabt“, sagt der 55-jährige Biologielehrer über die Miesners, die in der Schulband Trompete und beim THC Altona-Bahrenfeld Hockey spielen. Die Motivation der Zwillinge während des Projektes beeindruckte den Lehrer. „Die beiden waren wahnsinnig aktiv und zäh. Wie die Detektive auf einer Spur“, sagt Kock, der früher in der Polarforschung tätig war und seit 2000 am Gymnasium Hochrad unterrichtet. Er spricht von einer Arbeit mit wissenschaftlicher Bedeutung. „Ich traue den Jungs zu, beim Bundeswettbewerb einen Preis zu gewinnen.“

Nebenbei müssen sich Benjamin und Jonas Miesner auch noch auf die mündlichen Abiturprüfungen vorbereiten. Nach dem Abschluss wollen sie in Süddeutschland studieren. Aktuell denken die Brüder aber nur an das „Jugend forscht“-Event in der Leverkusener BayArena, zu dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck kommen. Die Miesners haben sich vor allem ein Ziel gesetzt: „Wir wollen Hamburg würdig vertreten“, sagen sie unisono.

Wir können sehr effektiv arbeiten. Benni ist mehr der Organisator, ich bin eher der Analytiker.