Teilstück der Piste muss saniert werden – Landungen über Niendorf fallen bis September aus

Goethe soll am Ende „mehr Licht!“ gewollt haben, in Niendorf würde man sich schon über „mehr Ruhe!“ freuen. Dass dieser Wunsch für lärmgeplagte Menschen in der westlichen Einflugschneise aktuell Wirklichkeit wird, während Langenhorner und Alsterdorfer mit mehr Krach rechnen müssen, hat allerdings einen profan handwerklichen Grund. Eine der beiden Start- und Landebahnen des Flughafens Hamburg muss dringend saniert werden. Deshalb dürfen keine Flugzeuge mehr über den Stadtteilen Stellingen und Niendorf einfliegen. Stattdessen steuern die Maschinen nun die Stadt über Norderstedt, Langenhorn und Alsterdorf an.

Der 50 Jahre alte Beton auf der Start- und Landebahn 05 (Langenhorn/Niendorf) muss instand gesetzt werden. Erst im September sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Als Vorbereitung wurde auf der Bahn 05 bereits eine Baustelle eingerichtet, sie wurde um etwa 800 Meter auf 2500 Meter verkürzt. Weil auf dem Teilstück die Landungsbefeuerung liegt, die den Piloten Orientierung gibt, können dort keine Flugzeuge aus Westen mehr landen. Die restlichen 2500 Meter werden aber weiterhin als Startbahn genutzt. „Die verkürzte Bahn ist für alle anfliegenden Flugzeugtypen nutzbar“, sagt Flughafensprecherin Stefanie Harder.

In dem gesperrten Teilstück ist nicht nur der Beton brüchig, sondern auch der Untergrund. Taucher hatten bei einer Routinekontrolle unterhalb der Piste – dort fließt die Tarpenbek durch zwei Tunnelröhren – Schäden festgestellt. Zwar sei erst im vergangenen Jahr jeweils eine der Bahnen für mehrere Wochen gesperrt gewesen, um die Betondecke zu sanieren – die Schäden im Bereich des Tarpenbektunnels seien aber noch nicht absehbar gewesen und erst jetzt festgestellt worden.

Die Landungen, die nun nicht mehr über Stellingen/Niendorf erfolgen, werden für die Dauer der Bauarbeiten aus den drei anderen Richtungen abgewickelt. Harder: „Auf das Jahr gerechnet sind es im Schnitt 20 Landungen pro Tag.“ Punktuell sind es deutlich mehr. Die Starts dagegen erfolgen weiterhin in jede Richtung. Insgesamt gibt es täglich 450 Starts und Landungen am Flughafen. Deren Verteilung auf die zwei Bahnen ist windabhängig.

Statt wie auf vielen anderen Flughäfen üblich hat Hamburg kein paralleles Start- und Landebahnsystem, sondern ein gekreuztes, sodass die Möglichkeit besteht, die Richtung zu ändern. Die Landungen werden überwiegend (zu 51 Prozent) aus Richtung Langenhorn abgewickelt. Gut ein Viertel kommt aus Richtung Quickborn und 18 Prozent aus Niendorf, vier Prozent aus Alsterdorf. Die Bahn 15 (Norderstedt/Alsterdorf) wird im Jahr 2013 gar nicht gesperrt, die Bahn 05 (Niendorf/Langenhorn) nur an wenigen Tagen komplett, also für Starts und Landungen, geschlossen.

Bei regulärem Airport-Betrieb sind 50.000 Menschen dem Fluglärm in den Einflugschneisen ausgesetzt, wie aus dem Lärmaktionsplan der Stadt hervorgeht. In der jüngsten Vergangenheit, heißt es bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, haben Beschwerden über Fluglärm aus Eilbek, Barmbek, Winterhude und Alsterdorf zugenommen. In Langenhorn ist man über den zusätzlichen Lärm ebenfalls nicht begeistert. Margarete Hartl-Sorkin von der dortigen Bürgerinitiative gegen Fluglärm beklagt: „Die Maschinen fliegen in 90 Meter Höhe über mein Haus, seit 6 Uhr alle zwei Minuten. Ich dachte, ich werde verrückt.“ Sie kritisiert, dass die Nachtruhe nicht immer eingehalten werde. „Offiziell dauert die Nachtruhe von 23 bis 6 Uhr. Um 22 Uhr ballt sich die Zahl der Starts und Landungen entsprechend.“

Obwohl die Zahl der Flugbewegungen in den vergangenen fünf Jahren um 20.000 abgenommen hat und aktuell bei 153.000 pro Jahr liegt, haben Beschwerden über Fluglärm zugenommen. Gingen vor zwei Jahren 1169 Einzelbeschwerden beim Fluglärmschutzbeauftragten der Stadt ein, waren es im vergangenen Jahr 1505 Beschwerden einzelner Bürger – die meisten davon kamen aus Nord (416), Altona (219) und Wandsbek (274).

Den zunehmenden Beschwerden soll unter anderem mit Maßnahmen aus dem im Oktober vorgestellten Lärmaktionsplan der Stadt begegnet werden. „Leider konnte dieser Plan jedoch noch keinem politischen Gremium vorgelegt werden und ist dementsprechend auch noch nicht beschlossen“, sagt Kerstin Graupner, Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde. „Dabei haben wir schon Maßnahmen ergriffen“, sagt Flughafensprecherin Harder. Fast 40 Millionen Euro seien seit 1978 in den passiven Schallschutz umliegender Häuser investiert worden.