Bezirk Mitte muss jedes Jahr 4000 Verkehrszeichen austauschen. Täter werden selten gefasst

Es sieht aus wie ein Kunstwerk. Von dem Halteverbotschild an der Marktstraße/Ecke Marktweg ist nichts mehr zu erkennen. Jeder Zentimeter des kreisrunden Schildes ist beklebt. Eine bunte Collage aus Fußballstickern und Aufklebern mit politischen Wahlkampfslogans. Vielerorts in Hamburg sieht es nicht besser aus. Denn ihre Funktion, für Sicherheit und Orientierung im Straßenverkehr zu sorgen, haben viele Straßen- und Verkehrsschilder längst verloren.

„Ich schäme mich“, sagt Andreas C. Wankum. Im vergangenen Herbst hatte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete eine Kleine Anfrage an den Senat gerichtet, in der er die „zunehmende Verschmutzung und unzureichende Pflege“ der Hamburger Verkehrsschilder kritisierte. „Es wird einfach nichts getan“, so Wankums Fazit heute.

Nicht nur Umwelteinflüsse und die Witterung richten mit der Zeit Schäden an einem Verkehrsschild an. Immer häufiger ist auch das Beschmieren und Bekleben der Schilder für viele Hamburger Bezirksverwaltungen ein ernsthaftes Problem. Sie sind für die Straßen- und Verkehrsschilder in ihrem Bezirk verantwortlich und müssen die Schilder austauschen –manche fast jede Woche.

„Das Bekleben von Schildern hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, klagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirks Mitte. Bis zu 4000 Schilder müsse allein der Bezirk Mitte jedes Jahr auswechseln. Ein Halteverbotsschild kostet zwölf Euro, ein Einbahnstraßenschild 15,40Euro. Die Kosten werden daher auf etwa 50.000Euro jährlich geschätzt.

Insbesondere auf St.Pauli, in Ottensen, St.Georg und Sternschanze kommen die Mitarbeiter des Verkehrstrupps kaum hinterher. Wo es möglich ist, werden die Schilder mit speziellen Moos- oder Etikettenentfernern gereinigt. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, da besonders chemische Reinigungsmittel die Reflektionsschicht der Schilder beschädigen können. Durch viele Aufkleber sei daher nichts mehr zu retten. „Unsere Mitarbeiter schauen sich das eine Weile an, und wenn es gar nicht mehr geht, werden die Schilder komplett ausgetauscht", sagt Sorina Weiland. Es sei ein Kampf gegen Windmühlen. Werde ein Schild ausgetauscht, könne man sich sicher sein, dass es eine Woche später wieder beklebt ist. Eigentlich soll0en Schilder 15 bis 20Jahre halten.

Strafrechtlich ist das Bekleben von Straßen- und Verkehrsschildern nicht zweifelsfrei definiert. „Der Tatvorwurf bewegt sich irgendwo zwischen Ordnungswidrigkeit und Sachbeschädigung“, sagt Karina Sadowsky von der Polizei Hamburg. „Es kommt auf den Einzelfall an. Wenn das Schild komplett zugeklebt und damit nicht mehr erkennbar ist, kann das durchaus eine Gefährdung für den Straßenverkehr darstellen“. Handelt es sich um bedeutsame Schilder, wie zum Beispiel Stopp- oder Vorfahrtsschilder, sind hohe Geldstrafen nicht ausgeschlossen. In München wurde vor Kurzem ein 24-Jähriger zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Er hatte ein Vorfahrtsschild mit einem einzelnen Aufkleber beklebt und musste sich wegen „gemeinschädlicher Sachbeschädigung“ vor Gericht verantworten.

Einen Täter zu stellen ist laut Polizei kaum möglich. Innerhalb von Sekunden sei der Aufkleber platziert und der Täter verschwunden. Andreas C. Wankum fordert trotz dieser Schwierigkeiten mehr Anstrengungen vonseiten der Stadt. „Sauberkeit ist gefühlte Sicherheit“, sagt er.