Christian Nickel inszeniert den US-Erfolgsfilm „Rain Man“ in den Kammerspielen

Nicht jeder Filmstoff lässt sich ohne Weiteres für die Bühne adaptieren. Das gilt erst recht für ein Roadmovie, dem Landschaften, Bewegungen und ein Gefühl des Unterwegsseins eingeschrieben ist. Eine Herausforderung für Regisseur Christian Nickel, der nach „Zeit der Zärtlichkeit“ für die Premiere am Sonntag in den Kammerspielen das US-Erfolgsdrama „Rain Man“ aus dem Jahr 1988 adaptiert.

Die vielen Schauplätze des Films übersetzt Nickel in ein Stationendrama, denn letztlich geht es vor allem um zwischenmenschliche Begegnungen. Die Außenwelt des American Highways fliegt in Form von Leuchtreklame vorbei. Stefan Haschke gibt den materialistischen, gefühlsarmen Autohändler Charlie Babbit, der anlässlich des Todes seines Vaters glaubt, dass er um sein Erbe geprellt wurde – drei Millionen Dollar gehen an seinen bis dahin unbekannten Bruder Raymond. Schnell wird sich der Erbstreit nicht beilegen lassen, denn Raymond leidet an Autismus und lebt in einer betreuten Einrichtung. Gemeinsam mit Raymond begibt sich Charlie auf die Rückreise nach Kalifornien und sieht sich bald mit allerlei Merkwürdigkeiten seines Bruders konfrontiert. Auch Freundin Susanna fordert emotionale Wahrheiten ein.

Nickel will das Thema Autismus nicht erschöpfend abhandeln. „Es geht eher darum, was macht das Fremde mit mir? Wie gehe ich damit um, wenn jemand den Dialog, wie ich ihn erwarte, ständig verweigert?“ Mit der Verweigerung einher geht bei Raymond eine der typischen Inselbegabungen, die es ihm ermöglicht, Buchseiten parallel abzuscannen und acht Bücher am Tag zu lesen. „Das fasziniert, stößt auch ab, und es ist wichtig, Raymond nicht als niedlich-skurriles kleines Haustier zu spielen, sondern ihn als unbequemes Gegenüber zu zeigen.“

Nach dem Filmdrehbuch hat Dan Gordon eine Bühnenfassung erstellt, die erfolgreich am Broadway lief und hier als Grundlage dient. „Wir müssen natürlich Dinge neu erfinden und vom Zeitkolorit befreien. Diese Geschichte ist zeitlos“, sagt Nickel. Stefan Haschke, als der von der Begegnung mit dem Bruder durchgerüttelte Charlie, und Benno Ifland als Raymond wollen den Rollen eine andere Dimension geben als die Hollywoodstars Tom Cruise und Dustin Hoffman. „Als Regisseur distanziere ich mich automatisch von diesem guten Film. Für mich hätte er ruhig schwieriger zu konsumieren sein dürfen.“ Es gilt nun, die menschlich-tragikomischen Züge von „Rain Man“ herauszustellen.

„Rain Man“ Premiere So 21.4., 19.00, Hamburger Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstraße 9–11, Karten zu 18,- bis 36,- unter T. 0800/413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de