Architektin erweitert eine braun-rote Villa in Wellingsbüttel mit Beton und Glas

Wer durch Hamburgs Straßen schlendert, wird vor allem in Quartieren mit Einzelhäusern älteren Baujahrs interessante Anbauten und Aufstockungen entdecken. Manche setzen sich durch Form, Material und Farbigkeit bewusst vom Bestandsgebäude ab, andere wiederum sind als harmonische Ergänzung angelegt. Während der eine Entwurf bewundernde Blicke erntet, wird ein anderer als zu wuchtig oder zu provokant empfunden.

Jüngstes Beispiel: Eine vor wenigen Wochen abgeschlossene Aufstockung einer alten Villa am Mundsburger Damm. Sie wurde von einigen Betrachtern als „Villen-Ufo“ verunglimpft. Der Architekt Stephan Schmid hatte es gewagt, dem 1880 erbauten Haus einen aufsehenerregenden Überbau zu verpassen. Der Neubau ummantelt dabei auf der einen Seite das bis auf die Grundmauern entkernte Haus. Altes und Modernes scheinen ohne jeglichen Bezug zueinander zu stehen. Zumindest auf den ersten Blick.

In Wirklichkeit hat Stephan Schmid (splendid architecture) bei den Planungen sehr wohl auf Details geachtet, die beide Gebäudeteile miteinander verbinden – abgestimmt auf die strengen städtebaulichen Vorgaben. „Beispielsweise ähneln sie sich in ihrer Materialität. Beide erhielten eine weiße Fassade und die Fensterteilung wurde auch aufeinander abgestimmt.“ Planungen dieser Art, sagt der Architekt, seien vergleichbar mit der Arbeit an einer Collage. „Damit diese nicht zerfällt, müssen einzelne Elemente gut harmonieren oder sich wiederholen.“ Im Idealfall, so Schmid, entstehe etwas Neues wie eine Komposition.

Gefallen fand der Anbau, den die Hamburger Architektin Laura Jahnke für ein Wohnhaus in Wellingsbüttel entwarf. Er wurde vom Bund Deutscher Architekten im Rahmen des 2012 ausgeschriebenen Architekturpreises gewürdigt. Noch im Nachhinein ist die Architektin begeistert von der Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutzamt und den Bauherren. „Das in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbaute Haus war zu diesem Zeitpunkt bereits wunderschön saniert. Aufgabe war es nun, gemeinsam den dazu passenden Anbau zu entwickeln.“

Hilfreich sei gewesen, dass die Bauherren von ihrem Projekt „Neue Gärtnerei“ in Duvenstedt angetan waren, so Jahnke. Hier hatte sie ein Kettenhaus entworfen, bei dem vier Reihenhäuser mit jeweils bis zu 180 Quadratmetern Wohnfläche von einer weißen Hülle eingefasst werden. Auch dieser Entwurf erhielt Preise und Anerkennungen, wurde als eines der besten Projekte im Jahrbuch der Hamburger Architektenkammer 2008 gewürdigt.

Ebenso wie dieses Haus besticht auch der Anbau in Wellingsbüttel durch seine Eleganz und Klarheit. Zwei Materialien bestimmen seinen Charakter: Beton und Glas. „Wie eine Hülle umfasst der Beton die großen Glasfronten. Die dunkel gebeizten Tür- und Fensterrahmen sind farblich abgestimmt auf den braun-roten Klinker des Haupthauses“, erläutert die Architektin ihren Entwurf. Der helle Sockel rahme dabei das alte und das neue Gebäude ein, finde sich wie ein helles Band oberhalb der Fensterfront wieder. „Der Anbau ist ansonsten bewusst detaillos gehalten – wie ein Monolith, der einen Kontrapunkt setzt zu den zahlreichen Details des Altbaus“, erläutert Laura Jahnke. Dabei spiegele der Anbau mit seinen 100Quadratmetern exakt das gleiche Quadrat wider wie das Haupthaus. Zu den Kosten mag sich die Planerin nicht äußern, nur so viel: „Der Bau selbst war nicht teuer. Die Besitzer legten allerdings großen Wert auf eine sehr hochwertige Ausstattung.“

Das war auch der Bauherrin wichtig, die den Wandsbeker Architekten Bernd Lietzke mit der Planung eines Anbaus für ihren 1938 errichteten Backsteinbau in Marienthal beauftragte. Man könnte meinen, es handle sich um zwei separate Gebäude, die in der Mitte durch ein Band aus Bronzeblech getrennt werden. Tatsächlich aber ist der Anbau nur über das Haupthaus zu betreten. Das Bronzeblech, so Lietzke, patiniere im Laufe der Zeit zu einem rötlichen Dunkelbraun – passend zu den Klinkersteinen. „Und es ist zugleich ein Dekorelement für die Eckfenster. Durch die jeweils seitliche Anordnung wirken die schmalen Fensteröffnungen zur Straße hin im Ganzen dann wieder harmonisch proportioniert zu der gesamten Fassade.“

Der Anbau ist detaillos gehalten – wie ein Monolith, der einen Kontrapunkt setzt zu den Details des Altbaus.