Der Hamburger Peter Schössow ist ein herausragender Illustrator, nicht nur von Kinderbüchern. Nun ist er 60 Jahre alt geworden.

Das aufwendigste Geschenk zu seinem 60. Geburtstag hat der Hamburger Illustrator Peter Schössow sich selbst gemacht. Die Arbeit am gerade bei Hanser erschienenen Bilderbuch "Der arme Peter" nach einem Gedicht von Heinrich Heine hat ihn geschätzte 3500 Stunden gekostet. "Zehn Monate lang 14 Stunden am Tag. Was draußen los war, habe ich kaum mitgekriegt, weil so ein Projekt mich nicht mehr loslässt", sagt er.

Einsam war er dabei nicht. Schössow wurde zum Regisseur seines Personals von etwa 40 Figuren, die rasch ein reges Eigenleben entwickelten. Das kurze Heine-Gedicht von einem unglücklich verliebten Jüngling, der an seinem Selbstmitleid zugrunde geht, hat Schössow in eine großformatige Schultheateraufführung verwandelt und dabei die hintergründige Komik der Geschichte betont. "Keiner hat sich wohl so lange mit diesem Gedicht beschäftigt wie ich - selbst Heine nicht. Die Ironie, dass sich der arme Peter in seinem Elend suhlt, ist schon bei Heine enthalten. Ich habe das noch etwas verstärkt", sagt Schössow und lächelt. Das Ergebnis sind Bilder, die auf verschiedenen Ebenen wirken. Für Kinder gibt es wie bei der Suche in Wimmelbildern viel zu entdecken. Und Erwachsene haben ihre Freude an Anspielungen auf Rembrandt, Caspar David Friedrich und Molières "Eingebildeten Kranken".

"Der arme Peter" ist ein weiteres Beispiel für die künstlerisch wertvolle Bilderbuchproduktion aus Hamburg, das als deutsche Hauptstadt der Illustrationskunst gilt. Jutta Bauer, Sabine Wilharm, Katja Gehrmann, Birte Müller, Dieter Wiesmüller, Ole Könnecke leben und arbeiten hier - um nur einige zu nennen. Und natürlich Peter Schössow, der auch Bücher mit viel Lokalkolorit und wiedererkennbaren Hamburger Schauplätzen wie "Ich, Kater Robinson", "Baby Dronte" und "Gehört das so??!" herausgebracht hat. Für Letzteres, das Kindern ohne Schwere von Tod und Trauer erzählt, hat er 2006 den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten. Nicht zu vergessen seine prägenden Illustrationen für Kinderbücher.

Schössows Atelierwohnung liegt hoch über den Dächern von Eimsbüttel. Einen Lift gibt es in dem Gebäude nicht. Man überlegt sich als Bewohner der oberen Etage genau, wie oft man den Auf- und Abstieg machen will. Für Schössow eine ideale Konstellation, denn er sitzt ohnehin am liebsten am Computer und arbeitet. Er ist dort angekommen, wo er immer hinwollte.

Nach beruflichen Umwegen studierte er Anfang der 70er-Jahre an der Hochschule für Gestaltung in Hamburg. "Danach ging es erst richtig los", erzählt Schössow. Sein erster Auftrag war eine Naturlehrbuch-Reihe, die in vier Bänden die Jahreszeiten erklären sollte. Schössow bekam als Lohn 20 Pfennig pro verkauftem Buch. Schnelles Arbeiten lernte er bei lukrativen Aufträgen für Zeitschriften, darunter Titelentwürfe für "Spiegel" und "Stern". Außerdem fertigte er Bildergeschichten für "Die Sendung mit der Maus".

Im Rückblick hat sich das alles sehr folgerichtig entwickelt. Denn als die Nachfrage aus dem medialen Bereich nachließ, hatte Schössow ein umfangreiches Rüstzeug erworben, das ihn fit fürs unabhängige Arbeiten im digitalen Zeitalter machte. "Um das Jahr 2000 herum merkte ich, dass bestimmte Materialien fürs manuelle Arbeiten schwieriger zu beschaffen waren. Ich habe mich dann drei Monate lang hingesetzt und ausprobiert, wie ich den Computer als Werkzeug nutzen kann", erzählt er.

Längst ist der Bildschirm sein Hauptarbeitsplatz. Schössow hat das neue Medium stilbildend genutzt. Seine Bilder haben eine ungeheure Tiefe. Hauptfiguren treten in den Vordergrund, die Gestaltung des Hintergrunds dagegen ist meist diffus. Die Figuren sind oft comicartig skurril und unverwechselbar. Das vordergründig Plakative wird durch raffinierte Farbgestaltung ins Malerische verwandelt.

Eines seiner schönsten Bücher heißt "Mein erstes Auto war rot" und beschreibt, wie zwei kleine Brüder eine abenteuerliche Fahrt in einem Seifenkisten-Fahrzeug bestehen. Das Buch hat 2012 den Katalanischen Buchhändlerpreis gewonnen. Peter Schössow ist glücklich über die vielen Übersetzungen seiner Bücher: "Das zeigt mir, dass sie auch in anderen Kulturen funktionieren."

Zurzeit hofft er auf den Erfolg einer ganz anderen Arbeit. Er hat ein neues Hamburg-Wappen entworfen, auf dem statt der altvertrauten Türme das gewellte Dach der Elbphilharmonie auf den Zinnen der Hammaburg ruht. Und weil er sich über die gestiegenen Baukosten ärgert, hat er das Dach immer mehr in die Höhe wachsen lassen, sodass es nun die kleine Burg schon fast erdrückt. Illustrator Peter Schössow hat Geschmacksmuster - eine Art Patent - auf seinen Entwurf angemeldet und hofft, dass sich das Wappen gut vermarkten lässt. Das könnte dann ein schönes nachträgliches Geburtstagsgeschenk werden.