Die Schauspielerin Iris Berben wuchs in Farmsen, Osdorf und an der Hallerstraße auf

Die Aussicht durch die bodentiefen Fenster ist grandios - Glas, Backstein, Wasser. "Moment, ich muss noch kurz mein altes Hamburg anschauen", sagt Iris Berben, 62, und blickt nach draußen. Vor dem Gespräch nimmt sich Iris Berben ein paar Minuten Zeit für die Stadt, in der sie aufwuchs. Im Alter von vier Jahren kam sie mit ihren Eltern, die sich später scheiden ließen, an die Elbe, wohnte zunächst in Farmsen, dann in Osdorf und schließlich an der Hallerstraße. Kindergarten, Schule, die Zeit der 1968er - all das erlebte sie in der Hansestadt. "Gerade in jungen Jahren werden ja die Weichen für all das gestellt, was man später erreicht", sagt Iris Berben. Das Faible für Wasser, für Häfen und Schiffe hat sie aus Hamburg mitgenommen, aber die Zeit an der Elbe habe auch ihren Charakter geprägt. "Hamburg protzt nicht und hat wegen des Hafens eine sehr große Liberalität."

Am Ostermontag ist Iris Berben im ZDF im Film "Ein weites Herz" zu sehen. Er erzählt die Geschichte der Isa Vermehren, die als politische Kabarettistin in der Nazizeit berühmt wurde, später im Konzentrationslager Ravensbrück landete und Halt im Katholizismus fand. Berben spielt Vermehrens bildungsbürgerliche und liberale Mutter. "So konnte ich mich mehr mit ihr beschäftigen und komme doch noch in ihrer Biografie vor", sagt Berben. Denn: Sie hat Frau Vermehren einmal persönlich getroffen. Allerdings stand die Begegnung unter keinem guten Stern. Vermehren war inzwischen Ordensschwester und die neue Leiterin der Sophie-Barat-Schule des Sacré-Coeur-Ordens - von der Berben ein paar Jahre zuvor geflogen war. "Es war nicht das einzige Mal, dass ich einer Schule verwiesen wurde", sagt Berben. Sie sei ein anstrengendes Kind gewesen. Große Verfehlungen waren es nicht, die Berben sich leistete, "eher kleine Streiche". Aber für die Zeit damals war es doch zu viel. "Es war ja alles sehr streng, konservativ und verkrustet."

Eines Tages stand sie bei einem Besuch ihrer ehemaligen Mitschüler und zweier lieb gewonnenen Nonnen vor dieser Isa Vermehren. Natürlich wusste diese, dass Berben von der Schule geflogen war. "Einerseits wirkte sie zurückhaltend und streng, und gleichzeitig war sie charismatisch und einer dieser Menschen, die mit ihrer Anwesenheit den ganzen Raum ausfüllen", sagt Iris Berben. "Es könnte gut sein, dass ich nicht von der Schule geflogen wäre, wenn Vermehren die Leiterin gewesen wäre."

Mit den Worten "Du warst doch auch auf Sacré Cœur" leiteten die Produzenten die Anfrage ein, ob Berben die Rolle von Vermehrens Mutter übernehmen wolle. "Und plötzlich war das alles wieder da, es hat mich nie verlassen", sagt die 62-Jährige. "Die Frage nach dem Glauben und die selbstkritische Reflexion darüber, welcher Weltordnung ich mich damals eigentlich unterworfen habe." Im Alter von 18 Jahren ist Berben aus der Kirche ausgetreten. "Das war meine Antwort darauf, dass ich keine Antworten bekam", sagt sie.

Heute steht sie der Kirche kritisch gegenüber. Die Vermischung von Religion und Politik, Missbrauchsfälle und Glaube als Begründung für Gewalt gegen Andersgläubige, all das bereite ihr Sorge. "Trotzdem weiß ich um die positiven Seiten von Religion für viele als ein Hort der Sicherheit und Leitfaden für ein gutes Leben." Iris Berben ist selbst noch auf der Suche. Zum einen sehnt sie sich nach ihrem "guten Kindergott", zum anderen sei da zu viel Rationales in ihr. Mal hat sich das Thema für sie erledigt, mal gibt es Situationen, in denen sie reflexartig betet. "Ich glaube, diese Suche hört nie auf."