Wo einst Horst Janssen sein Atelier hatte, wohnen heute Ann-Kristin Ruddies und Roland Palah

Der Eingangsbereich gibt einen Vorgeschmack auf die großbürgerlichen Wohnungen des Altbaus in einer kleinen Einbahnstraße von Eppendorf. Aber der Fahrstuhl fährt an den herrschaftlichen Etagen vorbei, und der Besucher muss zum Schluss noch eine Treppe weiter hochsteigen - ins Dachgeschoss. Erst dann steht man vor der Wohnungstür von Ann-Kristin Ruddies und ihrem Lebenspartner Roland Paloh, die sich hier oben ein kleines, aber feines Domizil geschaffen haben. Mit einem weiten Blick über die Dächer der Stadt.

"Ich habe die Wohnung schon 2001 gekauft, umgebaut und sie vermietet. Erst im Januar 2012 bin ich dann zusammen mit meinem Partner hier eingezogen. Auch wir sind noch jeden Tag begeistert von der Aussicht, der Ruhe und gleichzeitig der zentralen Lage", sagt Ruddies, die als Coach für Medien und Kreativberufe tätig ist.

Der Umbau der bestehenden Dachwohnung bedeutete eine totale Entkernung und ermöglichte den jetzigen Grundriss. Von der Wohnungstür führt heute ein langer Flur geradeaus in den Wohnbereich mit der offenen Küche. Schlafzimmer, Bad und Gäste-WC liegen hinter der linken Flurwand. Man könnte auch sagen "verstecken sich", denn die Türen fallen nicht auf. "Mir war es sehr wichtig, dass die Türen in einer Flucht mit den Wänden verlaufen, rahmenlos sind und auch die Scharniere nicht sichtbar waren", sagt Ann-Kristin Ruddies, die den gesamten Ausbau damals nur mit einem Fachmann für Innenausbau durchgeführt hatte. "Sie war mit dieser Idee ihrer Zeit sicher voraus", ergänzt Roland Paloh, der als selbstständiger Architekt auch für Altbausanierungen tätig ist, "denn heute sind verdeckte Scharniere im gehobenen Innenausbau durchaus üblich." Der offen gestaltete Wohnbereich bietet viel Tageslicht, eine gute Vorraussetzung für den grauen Farbton aller Wände. Aus den beiden Wohnzimmerfenstern mit dem kleinen vorgelagerten Balkon geht der Blick weit Richtung Südwesten über die Dächer der Nachbarschaft. Tageslicht kommt auch durch das Küchenfenster. Der Maler Horst Janssen hat diese Lichtsituation schon geschätzt, als er in den 60er- und Anfang der 70er-Jahre hier oben sein Atelier hatte - mit einer sehr ähnlichen Aufteilung der Räume, wie Ruddies erst viele Jahre später erfuhr.

Wie bei vielen Paaren, die aus zwei Haushalten einen machen wollen, mussten sich auch Ruddies und Paloh genau überlegen, was mit in das gemeinsame Domizil darf. "Für uns gab es dabei nur die drei Worte: ok, super und klasse. Ob Geschirr, Bilder oder Möbel, wir haben jeden Gegenstand unserer Wohnungen gemeinsam bewertet. Nur Stücke, die das Zertifikat klasse erhielten, durften mit in die neue Wohnung."

So zum Beispiel der Sessel Wink von Toshiyuki Kita. Ein Klassiker von 1980, der in seinem grauen Alcantara-Bezug mit dem Boden harmoniert. Ein besonderes Objekt - aus Abfallprodukten - hängt über dem mit Blattsilber belegten Esstisch: die Leuchte Chicken Bum von der südafrikanischen Künstlergruppe Magpie Art Collectives.

Auch die Liebe zur Kunst verbindet sich bei Ruddies und Paloh und zeigt sich in den drei Bildern des Malers Hieronymus Proske, die sie unabhängig voneinander erworben hatten. Heute hängen zwei zusammengehörende Landschaftsbilder im Küchenbereich und ein in blau-grauen Tönen gemaltes Bild, das zwei ins Wasser springende Kinder zeigt, über dem Sofa. Genießt man von dort den Blick über die Dächer der Stadt, so wird man von Ruddies und Paloh in Miniaturform beobachtet: die beiden schauen als kleine Kunst-Figuren von einem Wandbrett herunter.