Investor will Ruine abreißen und 24 Wohnungen bauen. Doch Mieter weigern sich zu gehen

Man würde am liebsten die Straßenseite wechseln, wenn man von der U-Bahn-Station Ochsenzoll kommend die Langenhorner Chaussee entlanggeht. Die Ladenzeile mit den Hausnummern 672-678 an der Ecke Stockflethweg bietet ein trostloses Bild. Absperrgitter verrammeln die Läden, aus denen teilweise die Glasfronten gebrochen wurden. Seit zwei Jahren herrscht hier Stillstand.

"Jeder, der hier entlangfährt, sieht diese Situation, die aussieht, als ob Bomben eingeschlagen hätten", sagt Doris Lüdke, Inhaberin der Friesen-Apotheke zwei Häuser weiter. Sie findet den Zustand unerträglich. "Das geht hier bis an die Existenzgefährdung. Die Laufkundschaft fehlt."

Die Situation ist völlig verfahren. Der Niedergang begann im November 2009. Damals brannten das Sonnenstudio und ein Quelle-Laden am Ende der Ladenzeile in Hausnummer 678 aus. Es war Brandstiftung. Die Ruine, die mit Brettern vernagelt war, wurde erst vor ein paar Monaten abgerissen. Im Frühjahr 2011 wurde das Straßenstück zunehmend unwirtlicher. Die damalige Eigentümerin Stephanie Fahle-Olszowka, Ehefrau des Architekten Roman Olszowka, dem auch die Immobilie mit der Apotheke gehört, hatte geplant, den größtenteils eingeschossigen Komplex zu veräußern. Frei von Mietern. Die meisten Ladeninhaber gaben tatsächlich nach und nach auf.

Um Fakten zu schaffen, ließ Fahle-Olszowka Scheiben dieser leeren Geschäfte entfernen und die Räume entkernen. Die GAL-Fraktion im Bezirk Nord sprach von "Mafia-Methoden". Ein Zeitungsladen, eine Friseurfiliale der Kette C&M sowie die vierköpfige Familie von Sinan Duran, die über den Läden wohnt, weigern sich, ihre Mietverträge aufzugeben. Duran sagt: "Wir mussten Monate ohne Heizung und Warmwasser leben, hatten jahrelang Schimmel in der Wohnung. Die Kinder sind davon krank geworden."

Seit dem 1. Februar 2012 gehört der Komplex Ulrich Oldehaver. "Vertraglich festgelegt war, dass ich zum 1. August 2011 ein leeres, geräumtes Gebäude erhalte", sagt Oldehaver, der als Coach arbeitet und mehrere Immobilien besitzt. Er will auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus mit 24 geförderten Wohnungen errichten.

Zeljko Blagojevic verkauft in seinem Laden seit 2008 Zeitungen, Zigaretten und Lottoscheine. Seit im November 2011 direkt nebenan der Bäcker ausgezogen ist, ist es bei ihm noch einsamer geworden. "Die Ochsenzoller sind sehr treu", sagt der 37-jährige Kioskbetreiber, "sonst hätte ich nicht zwei Jahre durchgehalten." Er habe viel Geld in den Laden gesteckt, sagt der Kanadier, ohne ordentliche Entschädigung will er nicht gehen. Auch er findet den Zustand der Ladenreihe unhaltbar.

Ulrich Oldehaver sagt, er habe seinem Mieter 200.000 Euro Entschädigung angeboten, Blagojevic verlange mehr. "Ich bin bereit, etwas zu bezahlen, aber ich kann doch nicht die Gier der Leute befriedigen", sagt der Eigentümer. Der Friseur zum Beispiel verlange 250.000 Euro, die Familie Duran 50.000 Euro. Der Familie habe er 10.000 Euro, eine Ausweichwohnung und eine Wohnung im Neubau angeboten. "Sie haben abgelehnt." Auch die Vermittlungsversuche, bei denen Harald Rösler, Leiter des Bezirksamtes Nord, beteiligt war, blieben erfolglos. "Den Stillstand in der Sache bedauern wir sehr, können ihn aber unsererseits nicht beenden", sagt Peter Hansen, Sprecher im Bezirk Nord.

Der Kioskbetreiber Blagojevic und Familienvater Sinan Duran sagen einhellig, es herrsche schon länger Funkstille zwischen ihnen und dem Eigentümer. Für Ulrich Oldehaver gibt es auch keinen weiteren Gesprächsbedarf: "Es ist schade für den Stadtteil, aber die Mieter haben ein Recht, dort zu sein, dann sollen sie das machen." In elf Jahren, wenn die Gewerbemietverträge auslaufen, könne er bauen. Er sagt aber auch: "Ich würde morgen anfangen zu bauen, wenn wir uns annähern."