Die Abendblatt-Aktion Kids in die Clubs unterstützt Kinder aus einkommensschwachen Familien. Aus dem Programm werden Vereinsbeiträge und Zuschüsse zu Sportreisen gezahlt - wie das Beispiel SV Tonndorf-Lohe zeigt

Levin freut sich auf Lars, Kemal auf Kris, Gerrit auf Glen. Ostern ist es wieder soweit. Dann reist der Lundby Krat Boldklub (LKB) Gistrup aus der Nähe von Aalborg zum Sportverein (SV) Tonndorf-Lohe. Auch der Gegenbesuch steht bereits fest. Vom 8. bis 12. Mai, wie immer zu Himmelfahrt, fahren die Hamburger zum Fußballspielen nach Dänemark. Ein riesiges Turnier mit mehr als 100 Mannschaften aus ganz Skandinavien wartet dort auf sie. Die Treffen haben Tradition. Seit nun 41 Jahren pflegen die beiden kleinen Clubs den Jugendaustausch über die Landesgrenzen hinweg.

Und diese Begegnungen in der realen Welt haben selbst im Zeitalter von Facebook und Twitter nichts von ihrer Attraktivität verloren. "Das ist echt cool", sagt der zwölf Jahre alte Gerrit, und Levin, ebenfalls zwölf, ergänzt: "Krass, dass wir uns alle gut verstehen, obwohl wir nicht dieselbe Sprache sprechen." Englisch, Deutsch, Dänisch, Türkisch - es findet sich stets ein Weg, sich dem anderen verständlich zu machen.

"Wer in die leuchtenden Augen der Kinder sieht, ahnt, mit welcher Begeisterung sie dabei sind. Viele Freundschaften sind im Laufe der Jahre entstanden. Sport verbindet eben", sagt Heinz Becherer, 79, der Initiator des Projekts. Seit 45 Jahren kümmert er sich ehrenamtlich im SV Tonndorf-Lohe um Kinder und Jugendliche. Im Moment sind das rund 250 in zwölf Mannschaften, mehr als die Hälfte der insgesamt 450 Mitglieder des Fußballclubs im Hamburger Osten.

Becherer, Mitglied seit 66 Jahren, hatte im Verein einst als Schriftführer angefangen, weil er der Einzige war, der zu Hause eine Schreibmaschine besaß. Damals war er 16. Heute verwaltet er in seinem Arbeitszimmer vom Computer aus die Jugendkasse. Der Hamburger Fußballverband hat Becherer für sein Engagement die goldene Ehrennadel verliehen.

In den Wochen vor den Treffen mit den dänischen Freunden gibt es für den Rentner immer viel zu tun. 60 Leute wollen wieder mit nach Dänemark, 50 Kinder im Alter von zehn bis 13 Jahren, zehn Erwachsene als Begleiter. Die fünftägige Fahrt nach Gistrup kostet pro Person 130 Euro. Nicht alle Eltern können diesen Betrag für ihre Kinder aufbringen. An dieser Stelle kommt die Aktion "Kids in die Clubs" ins Spiel. Hinter diesem Projekt steht der gemeinnützige Abendblatt-Verein "Kinder helfen Kindern" und als Organisator die Hamburger Sportjugend (HSJ). Mit "Kids in die Clubs" sollen bedürftige Kinder und Jugendliche Sport im Verein treiben können, ohne selbst die Monatsbeiträge zahlen zu müssen. Zudem können sie mit einer geringen Eigenbeteiligung an gemeinsamen Ausflügen in Trainingslager oder zu Wettkämpfen teilnehmen. Auch für Sportschuhe, Trikots, Hosen oder Trainingsanzüge gibt es Zuschüsse, in der Regel bis zu 40 Euro im Jahr.

Partner von "Kids in die Clubs" sind mittlerweile 166 Hamburger Sportvereine, in fast jedem Stadtteil mindestens einer. Derzeit werden rund 7200 Kinder und Jugendliche unterstützt, bis Mai dürften es 8000 sein. Das wäre ein neuer Rekord.

Beim SV Tonndorf-Lohe sind 45 Kinder und Jugendliche Mitglied von "Kids in die Clubs". 20 von ihnen werden im Mai mit nach Dänemark reisen - für nur 24,50 Euro. "Es ist großartig, dass heutzutage niemand mehr, der mit möchte, nur deshalb zu Hause bleiben muss, weil seine Eltern die Reise nicht bezahlen können", sagt Becherer. Im vergangenen Jahr wurde die Teilnahme von 892 Kindern an 200 verschiedenen Sportreisen gefördert. Die Finanzierung erfolgte zu annähernd gleichen Teilen über den Abendblatt-Verein "Kinder helfen Kindern" und die Behörde für Inneres und Sport (BIS). Der Abendblatt-Verein bringt das Geld mit Hilfe des HSH Nordbank Runs in der HafenCity auf (siehe Informationen unten).

Im Etat der Sportbehörde für 2013 sind 143.000 Euro vorgesehen. Seit der Gründung der Initiative "Kids in die Clubs" vor acht Jahren sind in die unterschiedlichen Maßnahmen insgesamt mehr als zwei Millionen Euro geflossen. Weil inzwischen zusätzlich Bundesmittel aus dem Paket für Bildung und Teilhabe zur Verfügung stehen, können Sportreisen jetzt auch in größerem Umfang unterstützt werden.

Die Hamburger Sportjugend hat die bürokratischen Hürden für die Aufnahme in das Programm reduziert. Eltern müssen für den Antrag bei ihrem Verein nicht erneut Einkommensnachweise vorlegen, die bei den Behörden bereits aktenkundig sind. Aber auch bei Normalverdienern mit zum Beispiel drei Kindern, die in einer Mietwohnung leben oder ein Eigenheim mit hoher Darlehensbelastung haben, greift die Hilfe. "In Hamburg kann jedes Kind in einem Verein Sport treiben, egal, wie viel seine Eltern verdienen. Das ist auch das Verdienst von ,Kids in die Clubs'", sagt Günter Ploß, der Präsident des Hamburger Sportbundes. Das Beispiel des SV Tonndorf-Lohe zeige, welche Erfolgsgeschichte hier entstanden ist.