Verdrängung Alteingesessener aus innenstadtnahen Wohnlagen kann nicht aufgehalten werden

Nina Paulsen

750 Meter lang, Dutzende Restaurants, Cafés und Kneipen: Die Lange Reihe in St. Georg gehört zu Hamburgs gefragtesten Zielen zum Ausgehen und Flanieren. Allerdings: Das Viertel rund um die beliebte Amüsiermeile ist in den vergangenen Jahren auch zum Hotspot für Wohnungsinteressenten geworden - mit steigenden Mieten und mehr Wohneigentum als Folge.

Alteingesessene beklagen die Gentrifizierung ihres Viertels - ihre Verdrängung durch eine neue, wohlhabendere Klientel. "Die soziale Erhaltungsverordnung kam für St. Georg im Grunde viel zu spät", sagt Martin Streb vom Bürgerverein St. Georg deshalb. "Hier ist schon viel zu viel Mietraum in Eigentum umgewandelt worden."

Seit einem Jahr gilt in St. Georg der vom Senat verordnete Milieuschutz, der im Behördendeutsch etwas umständlich "soziale Erhaltungsverordnung" heißt. Luxussanierungen oder Umwandlungen von Miet- zu Eigentumswohnungen stehen seither unter Genehmigungspflicht. In diesem Jahr wird es sieben Erhaltungsgebiete geben, mit zusammen mehr als 78.000 Bewohnern. Und es sollen mehr werden.

Für sechs weitere Gebiete laufen Vorprüfungen. Prof. Jürgen Oßenbrügge, Stadtforscher an der Uni Hamburg sieht in der Erhaltungsverordnung eine "symbolische Maßnahme, ein Signal der Stadt, dass sie eine Gefahr für einige Quartiere sieht". Er ist überzeugt, dass die derzeitige Entwicklung zwar verlangsamt werden kann. "Aber den Prozess aufhalten, das kann der Milieuschutz nicht."

Das Phänomen, dass innenstadtnahe Stadtteile stark nachgefragt werden, sei durch die CDU-regierten Jahre Anfang des vergangenen Jahrzehnts ausgelöst worden. "Damals drängte es die Leute raus ins Grüne. Mit dem Motto der Wachsenden Stadt wollte man dem entgegenwirken." Deshalb sei der Milieuschutz ausgesetzt worden. Nun kauften diejenigen, die es sich leisten konnten, nicht mehr im Umland ihr Haus, sondern eine Wohnung in der Stadt.

Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbands Hamburg, ist ein erklärter Gegner der sozialen Erhaltungsverordnung. Dass die Umwandlung in Eigentum verhindert wird, bezeichnet Stüven als "fiskalisches Harakiri". Die Stadt müsse schließlich ein Interesse an einkommensstarken Bewohnern haben. Und die kaufen Wohnungen. "Das sind auch diejenigen, die für ein hohes Steueraufkommen sorgen. Kommen die nicht in innenstadtnahen Quartieren unter, gehen die ins Umland und zahlen dort ihre Steuern."