Vor 40 Jahren wurde die Alsterschwimmhalle eröffnet - und sorgte für reichlich Ärger

Die fahle Sonne strahlt durch die riesige Glasfront und macht den Staub auf den Scheiben sichtbar. Auf der Sechslingspforte rollt zäh der Autoverkehr. In der Alsterschwimmhalle herrschen tropische Temperaturen, und es liegt feuchter Schwimmbadgeruch in der Luft. Es ist Mittagszeit. In dem 50-Meter-Becken ziehen einige Schwimmer ihre Bahnen.

Keine vier Kilometer Fußweg entfernt ragt der Rohbau der künftigen Elbphilharmonie in den Himmel. Das Konzerthaus und die Vorgänge um seinen Bau dürften ältere Hamburger in mancher Hinsicht an den Bau der Alsterschwimmhalle erinnern. Eine einzigartige Architektur, Kostenexplosion und Bauverzögerungen - das gab es beim Bau der Schwimmoper vor vier Jahrzehnten auch schon.

Als die Alsterschwimmhalle 1973 eingeweiht wird, spricht das Abendblatt von "Hamburgs Paradebad". Ein "Juwel aus Glas, Stahl und Beton" soll das 1943 durch alliierte Bomben zerstörte Hallenbad am Berliner Tor ersetzen. Knapp fünf Jahre dauerten die Bauarbeiten: Am Ende gibt es ein 50 x 25 Meter großes Becken, mehrere Hundert Wechselkabinen, einen Zehn-Meter-Turm sowie eine Wasserkräuselungsanlage.

Doch es sind nicht technische Daten, die seinerzeit die Fachwelt beeindrucken. Vielmehr sorgt die einzigartige und moderne Architektur der Schwimmhalle, für die die Architekten Horst Niessen und Rolf Störmer sowie der Statiker Jörg Schlaich die Verantwortung tragen, für Bewunderung. Es sind die "aufstrebenden und ausladenden Hyperschalendachflächen sowie die prägnante Glasfassade", die dem Ensemble seine Transparenz und Leichtigkeit geben, sagt Christian Bär. Der Architekt betreut heute im Auftrag des städtischen Unternehmens Bäderland die Schwimmhalle.

Wer vor dem Gebäude steht, kann die Dimension der Dachkonstruktion - die Stahlbetonschale ist 96 Meter lang, 64 Meter breit und ruht nur auf drei Punkten - kaum erfassen. Erst ein Luftbild offenbart ihre Einzigartigkeit.

Wie bei der Elbphilharmonie ist beim Bau der Alsterschwimmhalle deren Architektur die Ursache für viele Querelen. Als 1956 erste Ideen bekannt werden, schätzen die Experten die Kosten auf acht Millionen Mark. Zum Baustart zwölf Jahre später gehen die Wasserwerke als Bauherr bereits von 25 Millionen Mark aus. Am Ende kostet die Halle 36 Millionen Mark.

Auch die Bauarbeiten sind von Pannen gekennzeichnet. Weil zwischen der statischen Berechnung für das Spannbetondach und deren Gegenprüfung ein Zeitverlust von vier Jahren entsteht, liegen die Prüfergebnisse erst ein Jahr nach Baubeginn vor, heißt es später in einem Bericht des Rechnungshofs. Dadurch wird die Herstellung der Dachschale um acht Monate verzögert. Die Wasserwerke werden später den Architekten dafür zusätzlich 1,9 Millionen Mark bezahlen müssen. Doch selbst als das Dach der Schwimmhalle bereits verspannt ist, reißen die Probleme nicht ab. Die Konstruktion entspricht nicht den baupolizeilichen Vorschriften. Weil Gutachter sich daraufhin in die Haare kriegen, verzögern sich die Bauarbeiten um vier Wochen.

Am Ende fällt der Rechnungshof ein hartes Urteil: "Diese zwar kühne und elegante, aber technisch risikoreiche Konstruktion hat zahlreiche Schwierigkeiten für Entwurf, Statik und Ausführung nach sich gezogen, die zum größten Teil vermeidbar waren."

Trotz der Querelen um die neue Schwimmhalle brauchen die Hamburger nicht lange, um sie in ihr Herz zu schließen. Einem Aufruf des Hamburger Abendblatts, einen Namen zu finden, folgen innerhalb weniger Tage mehr als 200 Leser. Der offiziell festgelegte Name "Alsterschwimmhalle" ist nicht unter den Vorschlägen. Was die meisten Hamburger aber nicht stört, denn im Volksmund hat sich längst der Begriff "Schwimmoper" durchgesetzt.

Als die Besucher ausbleiben und angesichts der hohen Unterhaltskosten die Verantwortlichen 2004 eine Schließung in Betracht ziehen, protestieren viele Hamburger. Mit Erfolg: Im Jahr 2007 wird die Sportanlage für rund eine Million Euro saniert und mit neuem Fitnessstudio-Konzept wiedereröffnet. Ein Gebäude ist wie ein Auto, das der Pflege und regelmäßiger Reparaturen bedarf", sagt Bär. "Für ihr Alter hat sich die Alsterschwimmhalle ziemlich gut gehalten." Bär weiß auch, warum: "Ihre Erbauer waren Könner, die mit hoher Qualität gebaut haben."