Grenzwerte an Grundschule überschritten. Behörde wiegelt ab - liefert aber kostenlose Getränke

Patrick nippt an einer Mineralwasserflasche. Der Neunjährige weiß - wie auch all seine Mitschüler -, dass er seine Trinkflasche nicht am Wasserhahn auffüllen darf. Wenn seine mitgebrachten Getränke nicht reichen, muss er sich an den Wasserflaschen bedienen, die die Schulbehörde liefern lässt. Denn, was in der Grundschule St. Nikolai in Eppendorf aus der Leitung kommt, ist als Trinkwasser nicht geeignet. Die Messwerte für Blei liegen bei 0,14 Milligramm pro Liter (mg/l), der aktuelle Grenzwert liegt bei 0,025mg/l, die Werte sind also fast um das Sechsfache überschritten.

Das hat eine Analyse im August 2012 ergeben, die Heino Hauschildt veranlasst hat. Den Vorstand des Elternrates hatte das Thema Trinkwasser schon länger beschäftigt. "Die Leitungen sind alt. Wir Eltern hatten schon lange Zweifel an der Qualität des Wassers", sagt Hauschildt. Weil die Behörde nicht reagiert habe, habe er eigene Proben gezogen und bei Hamburg Wasser untersuchen lassen. "Bei einem der drei Schultrakte gab es geringere Grenzwertüberschreitungen, aber bei den beiden anderen waren sie dramatisch."

Der Vater zweier Jungen, die die Grundschule besuchen, informierte daraufhin die Schulleitung, die die Daten an die Schulbehörde und an die Schulbau Hamburg (SBH) weiterleitete. Die SBH ist verantwortlich für die Bewirtschaftung und Sanierung der Hamburger Schulen. "Wir haben das Analyseergebnis auch per Mail an alle Eltern kommuniziert, ohne Panik zu verbreiten", sagt der Elternratsvorsitzende. Für die ersten Tage hätten dann Mütter und Väter Wasserflaschen für die Klassen und die Kantine organisiert. Inzwischen lasse die Behörde regelmäßig Wasserkisten in großer Zahl liefern.

Hamburg Wasser legt Wert auf die Feststellung, dass "in dem von uns gelieferten Trinkwasser kein Blei oder Kupfer enthalten" ist, so Pressesprecher Ole Braukmann. "Es entspricht höchsten Qualitätsanforderungen und wird laufend in unserem Labor untersucht. Das Wasser kann daher bedenkenlos getrunken werden. Dennoch kann es passieren, dass die Grenzwerte durch Bleileitungen in älteren Hausinstallationen überschritten werden. Absolute Sicherheit gibt daher eine Analyse in unserem Labor."

Das Trinkwasser an Hamburger Schulen wird nach Behördenangaben einmal pro Jahr untersucht. Bei circa fünf Prozent der Schulen komme es zu Auffälligkeiten, sagt Björn Domroese, Sprecher der Finanzbehörde. "Dies trifft naturgemäß eher Altbauten aus den Fünfzigern und früheren Baujahren, die aufgrund des Sanierungsstaus noch über alte Rohrnetze verfügen." In diesen Fällen würden Leitungen gespült und bei Bedarf das Leitungssystem erneuert. Konkret betroffene Schulen nannte Domroese nicht. "Die SBH kann nach aktuellem Kenntnisstand davon ausgehen, dass es gegenwärtig an keiner der bereits beprobten Schulen belastetes Trink- bzw. Leitungswasser gibt." Auch an der Grundschule St. Nikolai hätten bei der jüngsten Erprobung am 20. November 2012 alle Schwermetallbefunde, darunter Blei, deutlich unter den in der Trinkwasserverordnung vorgeschriebenen Grenzwerten gelegen. "Als Sofortmaßnahme wurden vorbeugend die nicht mehr benötigten Rohre stillgelegt, um stehendes Wasser zu vermeiden. Die Leitungen wurden gespült", sagt Domroese.

Das bezweifelt Elternratsvorstand Hauschildt. "Es gab darüber nie eine Information an die Schule. Auch die Wasserflaschenlieferung läuft weiter."