Jérôme Bel und Theater Hora zeigen “Disabled Theater“

Wer Menschen auf eine Bühne stellt, die einer wie auch immer definierten Norm nicht entsprechen, setzt sich schnell dem Verdacht aus, sie für die Kunst zu missbrauchen. Das erging dem französischen Konzeptchoreografen Jérôme Bel nicht anders, als er sich für seine aktuelle Produktion "Disabled Theater" mit dem Züricher Theater Hora zusammentat. Seit 1989 eines der wenigen Theater, in denen Menschen mit geistiger Behinderung als professionelle Darsteller agieren.

Die Gemeinschaftsarbeit wurde im vergangenen Jahr auf mehreren Festivals von der Ruhrtriennale bis zum Festival d'Avignon gefeiert und soeben zu Recht zum diesjährigen Theatertreffen nach Berlin eingeladen. Vorher ist sie am 16. Februar auf Kampnagel zu Gast. Hier gelingt wirklich ein kleines Theaterwunder.

In Bels repräsentationsfernem Theater führen sich die elf Darsteller, die meist lernbehindert sind oder Trisomie 21 haben, selbst vor. Zunächst stehen sie je eine Minute schweigend vor dem Publikum. Wunderbar sanft anmoderiert von der Schweizer Tänzerin und Choreografin Simone Truong. Und natürlich hält das nicht unbedingt jeder durch. In einer weiteren Runde stellen sie sich vor, geben neben Namen, Alter und Beruf auch Auskunft über ihre Behinderung. Jeder muss zu einer Musik seiner Wahl eine eigene Choreografie hinlegen. Und die fördert Erstaunliches zutage.

Von der eigenwilligen Sitzperformance zu Kirmesmusik bis zur ausgefeilt virtuosen Darbietung im Geiste von Michael Jacksons Moonwalk. "Disabled Theater" ist ein Abend, der wahrlich begeistert. Unverkrampft führt er vor Augen, dass "Normalität" ein verdammt dehnbarer Begriff ist.

Jérôme Bel/Theater Hora: "Disabled Theater" Sa 16.2., 20.00, Kampnagel, k2 (Bus 172/173), Jarrestraße 20-24, Karten zu 15,- bis 22,- unter Tel. 27 09 49 49; www.kampnagel.de