Am Kurt-Körber-Gymnasium in Billstedt lernen die Elftklässler am Tablet-PC

Religionsunterricht - und dann noch die Frage: "Kann Jesus Orientierung für unser Alltagshandeln geben?" Für die meisten Jugendlichen gibt es kaum etwas Uncooleres, als sich damit auseinanderzusetzen. Aber nicht so am Kurt-Körber-Gymnasium in Billstedt. Statt gelangweilt auf Durchzug zu schalten, sind die Schüler dort in Religion interessiert bei der Sache. Das liegt an einer neuen Unterrichtsform, die ihr Lehrer Christian Lenz dort eingeführt hat: Jeder Elftklässler erhält ein iPad, das er bis zum Abitur nutzen darf, in der Schule und Zuhause. Da macht es plötzlich sogar Spaß, auf religionspädagogischen Websites zum Thema "Bergpredigt" zu recherchieren.

Lenz ist seit 2010 Schulleiter am Kurt-Körber-Gymnasium. Vorher hatte er sich als Leiter des Referates Medienpädagogik am Landesinstitut für Lehrerbildung mit dem potenziellen Nutzen neuer Medien und des "mobilen Lernens" beschäftigt. Außer Religion unterrichtet Lenz noch Physik. Das von ihm in Zusammenarbeit mit der Uni Hamburg und dem Landesinstitut initiierte Pilotprojekt heißt Paducation.

Nach den Sommerferien 2011 wurde der erste Jahrgang mit iPads ausgestattet - die Finanzierung teilten sich die Körber-Stiftung und die Schulbehörde. In diesem Jahr wurden die nächsten Elftklässler ausgerüstet. Dieses Mal unterstützen viele Eltern die Fortführung des Projektes durch die Beschaffung eines Familien-iPads - die restlichen Geräte spendierte eine Nachbarschule, die von den Billstedter Erfahrungen profitieren will. "Das Engagement der Schule und der Eltern ist gerade in einem Stadtteil wie Billstedt etwas sehr Erfreuliches", sagt Schulleiter Lenz dankbar.

Ihn interessieren beim Paducation-Projekt gleich mehrere Punkte: Wie muss sich das Lernen verändern, wenn ein eigenes iPad und damit das Internet zur Verfügung stehen? Können die Schüler für die ständige Einsatzbereitschaft und technische Verfügbarkeit ihrer Geräte sorgen? Tragen soziale Netzwerke, Wikis und Webblogs zur Demokratie-Erziehung bei? Und schließlich: Können die Schüler die Kompetenz erlangen, die unermessliche Flut an Daten und Informationen richtig zu nutzen und anzuwenden?

Doch die iPads dienen nicht nur dem Lernen, sondern auch dem Austausch: Es gibt virtuelle Klassenzimmer und Webblogs, in denen Präsentationen, Hausaufgaben und Kommentare gepostet werden können.

Idil, Olivia, Andreas, Harun und die Mitschüler aus dem Religionskurs der S 3 sind schon kompetent im Umgang mit dem iPad. Die Phase, in denen die ständige Internetverfügbarkeit sie abgelenkt hat, haben die Zwölftklässler längst hinter sich. "Irgendwann wird es uninteressant, im Unterricht bei Facebook reinzuschauen oder zu spielen", sagt Andreas. Statt aufzurufen, was seine Freunde posten, recherchiert er jetzt auf Websites wie der religionspädagogischen Plattform rpi-virtuell. Dort finden die Schüler weiterführende Texte, Bilder und Filme zu den Themen, mit denen sie sich beschäftigen.

Mit dem Vorschlag zu dem iPad-Projekt stieß Lenz im Kollegium nicht nur auf Gegenliebe. "Die Reaktionen reichten von begeistert bis skeptisch", sagt er. Gestartet hat er das Projekt mit zwölf Kollegen, die ebenfalls mit iPads ausgestattet und geschult wurden.

Sie können sich in einem virtuellen Lehrerzimmer auch mit den Projektpartnern austauschen. Gezwungen werde niemand, mit iPad zu unterrichten, sagt Lenz. "Ich will ja keinen Kulturkampf anzetteln." Doch auch die Lehrer hätten mittlerweile Gefallen an den neuen Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung gefunden. So nehme eine Kollegin kurze Erklärungen im Unterricht mit dem iPad als Videos auf, die die Schüler im Internet jederzeit anschauen können.