Ehepaar aus Eimsbüttel hilft Menschen, die unter einer Stoffwechselstörung leiden

Sie sind für ihr unternehmerisches Geschick bereits mit dem Preis "Land der Ideen" ausgezeichnet worden, haben zudem unter anderem den "Health Media Award 2012" bekommen. Das inzwischen stark wachsende Geschäft von Johannes C. Röhr und seiner Frau Stephanie Kock entstand allerdings eher aus der Not heraus. Das Paar hat zwei Söhne, die an Phenylketonurie (PKU) leiden, einer der häufigsten vorkommenden angeborenen Stoffwechselstörungen. Betroffene müssen ihr Leben lang eine eiweißarme Diät essen. Doch das ist nicht immer einfach. "Als meine Kinder mit zwei oder drei Jahren anfingen, mehr zu essen, war das Nahrungsangebot sehr klein. Es waren nur 30 bis 40 verschiedene Produkte auf dem Markt. Es gab keine Wurst, keinen Käse und auch keine eiweißarmen Croissants", sagt Stephanie Kock, die eigentlich Bankangestellte ist. Auch andere Elternpaare waren unzufrieden mit dem Angebot.

"Bei einem Treffen mit Betroffenen kam uns die Idee, selbst mal nach Alternativen zu suchen", sagt Röhr. Er bereiste diverse Länder wie Österreich, Dänemark, die Niederlande, England, Skandinavien, Spanien oder auch die USA und war immer auf der Suche nach Produkten für PKU-Betroffene - und er wurde fündig. Röhr und Kock führten die neuen Nahrungsmittel ein und bieten sie seit 2010 unter der Marke Delifirst im Internetshop an. "Am Anfang füllten wir die Bestellungen in unserem sechs Quadratmeter großen Keller in die Kisten", so Kock. Inzwischen haben sie ein Lager in der Burchardstraße.

"Ich habe für den Start einen sechsstelligen Betrag investiert", so der Marketingfachmann Röhr, der im Hauptberuf für seine Auftraggeber, darunter Dunlop oder ABN/Amro, Marken erfindet. Unter anderem hat er auch den Namen für den Mobilfunkanbieter Simyo von E-Plus kreiert. Delifirst ist für Röhr eher eine Art soziales Projekt als eine Idee zum Geldverdienen.

"Wir machen zwar schon einen Umsatz im niedrigen sechsstelligen Bereich, aber es wird noch Jahre dauern, bis wir einen Gewinn ausweisen können", sagt er. Dennoch profitiert er von seinem Engagement. Rund 40 Prozent der Kunden, die bei dem Unternehmen "Freunde der eiweißarmen Ernährung" heißen, stammen inzwischen aus dem Ausland. "Delifirst ist für mich eine Möglichkeit zu zeigen, wie man professionell Marken kreiert und Onlineshops aufbaut."

Der Käse kommt übrigens aus den USA - von einem Unternehmer, dessen Kinder auch PKU haben. "36 Stunden nach der Bestellung ist das Produkt hier." Röhr und Kock mussten sich einiges einfallen lassen, damit der Transport klappt. Die Aufrechterhaltung der Kühlkette war noch das kleinste Problem. Um Nahrungsmittel aus den USA nach Europa einzuführen, bedarf es einiger Bescheinigungen - und die Bürokratie arbeitet langsam. "Sechs Monate hatte es gedauert, ehe der erste US-Käse nach Deutschland eingeführt wurde", so Röhr.

"Oft bekommen wir auch Tipps von anderen Betroffenen", so Kock. Die Bankerin beantwortet jeden Wochentag Fragen der Kunden und nimmt Bestellungen an unter www.delifirst.de. "Ganz wichtig ist, dass die Diät das ganze Leben lang durchgehalten wird", sagt sie. Ansonsten könnte das Eiweiß das Gehirn angreifen. Die Schäden, die den Betroffenen entstehen, wären bereits nach wenigen Monaten irreparabel.