Im Restaurant L'Osteria hat die kulinarische Gigantomanie ihr Publikum gefunden

Direkt gegenüber der Staatsoper wirbt ein neues Großrestaurant seit September mit der Pizza im Wagenradformat. Die kulinarische Gigantomanie hat beim Publikum Freunde gefunden, bei unserem Besuch zur Mittagszeit ist der groß dimensionierte Gastraum der L'Osteria fast bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Das Konzept einer italienischen Gastwirtschaft hat seit 1999 in Süddeutschland Erfolg. Nun will Dirk Block, Spross der Block-Dynastie (Block House, Jim Block, Grand Elysée) die Kette auf den Norden ausdehnen, Hamburg soll nur der Anfang sein.

Auf der Speisenkarte stehen - neben einem halben Dutzend Antipasti - elf Salate, elf Pasta-Gerichte und 27 Pizza-Varianten, jeweils unterschiedlich und frisch belegt, von Margherita (6,50 Euro) bis Salmone (10,50 Euro). Von unserem Platz aus können wir die Pizzabäcker arbeiten sehen. Kurz danach werden unseren Nachbarn Pizzen serviert, mit 45 Zentimetern Durchmesser ragen sie über den Tellerrand weit hinaus. Wer diese Portion nicht schafft, kann den Rest als Doggy Bag einpacken lassen oder gleich zu Hälften geteilt auf zwei Tellern für zwei Personen (auch mit unterschiedlichem Belag) bekommen.

Die dünnen, kross gebackenen Pizzen scheinen den Gästen zu schmecken, aber wir nehmen Alternativen. Zum Einstieg passt vielleicht eine Bruschetta mit frischen Tomaten, Knoblauch und Basilikum (4 Euro). Unsere große Portion (vier Scheiben) ist allerdings stark versalzen. Also probiere ich danach lieber Vitello Tonnato (8,50 Euro): Die dünnen Scheiben vom Kalbfleisch sind durchgegart und etwas fest, aber mit der Thunfischsoße (inklusive Tomaten, Kapern und Oliven) schmeckt das Vitello recht ordentlich. Mein Kollege versucht sich derweil an einem Insalata Nizza in der klassischen Ausgabe mit Ei, Thunfisch, Zwiebeln, Kartoffeln und Nizza-Dressing (kleine Portion 6,50 Euro): Mehr als "Na ja, geht so" ist ihm nicht zu entlocken.

Kritischer beurteilt er seine Panzerotti Spinaci, die er als Hauptgang seines Menüs eingeplant hat (8,50 Euro). Bei den Panzerotti ist ihm der Teig zu dick, die Käsefüllung zu dünn, und dann seien sie auch nicht lange genug gegart. Der frische Spinat als Beilage gefällt ihm, die "fette Sahnesoße" dazu nicht. Meinen nächsten Gang habe ich von der kleinen Extrakarte bestellt: Risotto mit Salsiccia und Steinpilzen (9 Euro). Der Reis hat meiner Ansicht nach zu viel Biss, aber das ist Geschmackssache. Die sautierten Steinpilze sind von guter Qualität, wenn sich auch einige Champignons in den Risotto verirrt haben. Für eine angenehm pikante Note sorgt die Salsiccia, die in ihrer festen Konsistenz allerdings eher an eine Salami als eine italienische Bratwurst erinnert.

Mit fünf Desserts ist die Abteilung "Dolci" recht reduziert, aber es sind die in Deutschland beliebten Klassiker Tartufo und Panna Cotta (jeweils 4 Euro) dabei. Mein hausgemachtes Tiramisu (4,50 Euro) ist so wie es sein soll: nicht zu süß, aber saftig durchtränkt. Mein Kollege nörgelt an seinem Dessert ein bisschen herum, kein Wunder, wenn er zu dieser Jahreszeit Crema di Fragola al Mascarpone bestellt, also frische Erdbeeren mit Mascarponecreme (4,50 Euro): Den Erdbeeren fehlt eben das Aroma. Weinfreunde werden in der L'Osteria zurzeit noch etwas stiefmütterlich behandelt: Gerade 16 Weine stehen zur Auswahl, und die werden in einem schlichten, sehr rustikalen Wasserglas serviert. Nach einem Glas Lugana (0,2 Liter 3,75 Euro) geben wir das Experiment auf und bestellen uns ein frisch gezapftes Bier (Paulaner hell 0,3 Liter 2,50 Euro). Der Espresso (1,50 Euro) ist gut.

Dieter Braatz ist stellvertretender Chefredakteur

der Zeitschrift "Der Feinschmecker"

Dieter Braatz testet

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Heute: L'Osteria