Thomas Kunadt ist Deutschlands bekanntester “Shipspotter“ - 22.000 hat er bereits fotografiert

Nebel liegt über Blankenese, über der Elbe, kein ideales Fotowetter. Und kein Schiff in Sicht. Jedenfalls nicht auf dem Strom. Doch Thomas Kunadt sitzt am Morgen in seinem Büro im Treppenviertel und hat "Santa Anna" entdeckt. Er schaut auf einen der beiden Bildschirme am Computer, an denen ihm Schiffsmeldedienst und Trackingdienste rund um die Uhr per Satellit mitteilen, wann welche Schiffe Hamburg anlaufen.

"Santa Anna" komme heute noch, sagt er, "ein Massengutfrachter aus Rotterdam, um 16.20 Uhr ist er in Blankenese, später fährt er weiter nach Brasilien", spricht's und schaltet schnell mal auf die Webcam, die auf dem Anleger in Blankenese installiert ist, unten am Strandweg. Weitere Kameras in Wittenbergen und Teufelsbrück liefern noch mehr aktuelle Elb-Bilder. Kunadt holt in Sekunden Fotos des Frachters aus seiner Datenbank auf einen der Bildschirme und sagt: "Santa Anna? Habe ich schon dreimal fotografiert."

Nicht nur diesen Frachter dokumentierte er mit seiner Kamera. Kunadt ist jemand, den man "Shipspotter" nennt, zu Deutsch "Schiffsbeobachter". Schiffe sind seine Leidenschaft, nach ihnen hat der 45-Jährige seinen Lebensalltag ausgerichtet. Rund 400.000 Schiffsbilder hat er bereits gemacht, 210.000 umfasst seine digitale Datenbank, darunter mehr als 22.000 unterschiedliche Schiffe. Und jeden Tag kommen neue hinzu. In seinem Schrank hat er Informationen über Schiffe zuhauf, auch Exemplare seiner insgesamt acht Bücher und Bildbände. Sein neuestes Werk ist unlängst herausgekommen - 1000 Schiffe aus aller Welt, Bilder auf 616 Seiten (www.kunadt-schiffe-passion.de), "das ist eine Art Lebenswerk, es beginnt in Hamburg und führt mit den Fotos hinaus in die Welt."

Eigentlich wollte Thomas Kunadt, in Räckelwitz in Sachsen geboren und aufgewachsen, nach der Wende Musik studieren, als er im Jahr 1991 aus Dresden nach Hamburg kam. Tat er auch, jedenfalls eine Zeitlang. Und irgendwann, als er mal an einem Sommerabend am Strand in Övelgönne saß, der zigste Pott vorbeifuhr, "da hatte es mich erwischt und ich hatte mein Thema gefunden", sagt er. Warum gerade Schiffe? "Es war wie eine Theaterbühne, auf der die Schiffe vorbeifuhren: Die Elbe, der Horizont, der ästhetische Aspekt fasziniert mich", sagt Kunadt. 1996 machte er sein Hobby zum Beruf. Reedereien, Schiffsagenten, Verlage sind seine Kunden.

Wenn er nicht gerade in Blankenese oder im Hafen mit seiner Kamera unterwegs ist, zieht es ihn in die Welt hinaus. Nach Hongkong, Singapur, Korea, Australien, Hawaii, Kenia. Kunadt über sich selbst: "Ich muss draußen sein, ich bin ein Entdecker-Typ."