Hamburgs schönste Fotos Abendblatt-Fotografen zeigen ihre besten Motive. Heute: Andreas Laible über die Kunst, Menschen zu fotografieren

Paul Kuhn war in Hamburg, ich hatte den Auftrag, ihn zu fotografieren. Ich sollte ein Bild machen im Hafen, um für die Abendblatt-Leser zu dokumentieren, dass die Musiklegende in der Stadt ist. Ich porträtierte den Künstler an der Elbe, aber ich war unzufrieden. Paul Kuhn war damals in einem Appartementhaus am Fischmarkt untergebracht. Ich bin noch mit ihm auf sein Zimmer gegangen, wir sprachen ein wenig. Sein Gesicht mit den charismatischen Falten sieht aus wie eine Landkarte. Dies wollte ich den Lesern zeigen. Also zog ich die Gardine des Zimmers weiter auf, um besseres Licht zu bekommen. Ich fragte Paul Kuhn, ob er sich kurz auf einen Stuhl vor dem Fenster setzen könne. Dann ging ich ganz nah heran, vielleicht einen Meter. Als ich mir die Bilder in der Redaktion ansah, wusste ich, dass das Porträt in Schwarz-Weiß viel besser wirkt. Und so wurde es dann auch gedruckt.

Menschen fotografieren - das macht mir am meisten Spaß. 95 von 100 Menschen sagen, sie seien nicht fotogen. Ich sage: Alle sind fotogen. Jedes Gesicht erzählt eine Geschichte. Ich liebe den unverfälschten Blick.

Eigentlich wollte ich nicht Fotograf werden, sondern Tierarzt. Doch es kam anders: Meinen Zivildienst habe ich 1978 im Diakonischen Werk Hamburg gemacht. Die Diakonie engagierte sich damals für Sinti und Roma, die in Hamburg lebten. Ich machte Fotos dazu. Das Abendblatt wurde auf mich aufmerksam, ich bekam erste Aufträge. Ich machte eine Ausbildung an der Werbefachlichen Akademie, zum Werbewirt. Nach dem Studium wurde ich Fotograf.

Seitdem bin ich fürs Abendblatt unterwegs. Hamburg steckt voller interessanter Persönlichkeiten: So habe ich häufig Helmut und Loki Schmidt fotografiert. Loki hat allerdings immer Wert darauf gelegt, dass man ihre Zigarette nicht sieht.

Wie macht man das perfekte Porträt? Die besten Bilder sind nicht die gestellten, sondern diejenigen, die der Fotograf in einer Gesprächssituation macht. Also: Reden Sie mit dem Menschen, den Sie fotografieren wollen, und machen Sie währenddessen die Bilder. Verzichten Sie auf technischen Schnickschnack: Sie brauchen keine aufwendige Beleuchtungstechnik. Die Kamera ist häufig gar nicht entscheidend für ein gutes Bild. Es kommt auf den richtigen Blick an. Die besten Bilder entstehen in einer Umgebung, die den Menschen vertraut ist. Der Mensch, den Sie porträtieren, muss sich wohlfühlen.