Seit fast 20 Jahren fährt der Bosnier Mirso durch die Stadt. Nun hat er ein Buch veröffentlicht

Menschen beobachten. Einen Blick erhaschen, ein Lächeln bemerken, einen Hinweis auf etwas, das passieren könnte. Manchmal macht Mirso den ganzen Tag nichts anderes. Er ist Taxifahrer. Sein Beruf ist es, Menschen von einem Ort zum nächsten zu bringen. Und dann, ganz nebenbei, erlebt er jeden Tag kleine Geschichten.

Seit fast 20 Jahren fährt Mirso, der Mann aus der bosnischen Stadt Banja Luka, in Hamburg Taxi. Meist in Eppendorf, da sind die Passagiere am interessantesten, da ist das Kopfkino am schönsten. Jetzt hat der 54-Jährige einen Krimi geschrieben, er verkauft sein Buch im Taxi - mehr als 300-mal haben seine Passagiere schon zugegriffen.

"Zwischen den Touren habe ich Zeit für meine Gedanken", sagt Mirso, der seinen richtigen Namen in seiner früheren jugoslawischen Heimat zurückgelassen hat. 1989 kam er nach Hamburg. Zu Hause studierte er Jura, an der Elbe wollte er eine Zeit lang Geld verdienen. Aber dann kam der Jugoslawien-Krieg, Mirso konnte nicht zurück. "Zwei meiner Familienmitglieder kamen ums Leben, meine Eltern und meine Geschwister sind in die USA gegangen." Der Bosnier blieb in Hamburg, lernte Deutsch, machte den Taxischein.

Privat fand er sein Glück in Schweden. "Wir haben uns im Urlaub kennengelernt, eine Sommerliebe." Aus der Sommerliebe wurde eine Ehe. Mirsos Frau stammt auch aus Bosnien und kam mit nach Hamburg. Heute wohnt die Familie in Winterhude, der 13 Jahre alte Sohn geht aufs Heilwig-Gymnasium.

Mirso denkt, dass alle Menschen gleich sind, egal welche Hautfarbe oder Nationalität sie haben, egal an welchen Gott sie glauben. Der Krieg in seiner Heimat machte dieses Ideal zunichte. "Und ich bekam Albträume, obwohl ich ja gar nicht mehr in Banja Luka lebte."

Irgendwann erzählte er einer Taxi-Kundin von seinen Albträumen. "Ich habe die Dame häufig gefahren, da bespricht man auch schon mal etwas Privates." Die Kundin riet Mirso, seine nächtlichen Erlebnisse kreativ zu nutzen. "Schreiben Sie ein Buch", sagte sie.

Mirso schrieb zwischen seinen Touren seine Ideen in eine Kladde. Vier Monate später war ein lesbares Manuskript fertig. Die Familie musste Korrektur lesen, Freund Michael Becker machte das Layout und entwarf das Titelbild. "Bumerang one" steht in roten Lettern auf grünblauem Grund.

Mirsos Buch ist ein Krimi auf 138 Seiten, kurzweilig und mit Hamburg-Hintergrund. Der schmale Band kostet 9,80 Euro. Mirso hat immer einige Exemplare in der Mittelkonsole seines Taxis liegen. "Neulich habe ich Harry Rowohlt gefahren, er hat ein Buch gekauft", erzählt der Fahrer stolz. Jetzt schreibt er an seinem zweiten Buch.