Essen wie Gott in Ottensen: die „Brasserie La Provence” versetzt Frankreich in die Eulenstraße

Es soll Menschen geben, die in Ottensen wohnen und die Brasserie nie wahrgenommen haben. Sie ist nicht laut wie ein stolzer Pfau, sondern schmiegt sich ins Straßenbild, als sei sie schon seit Jahrzehnten an Ort und Stelle. Tatsächlich haben Stephan Hippe und Boris Krivec ihr kleines Stück Süd- frankreich aber erst 2005 eröffnet – aus Leidenschaft.

Gastronomen waren vorher beide nicht. Krivec ist Jurist samt Doktortitel, den er gern verschweigt; Hippe ist Schauspieler und seit früher Kindheit sehr häufig in Südfrankreich, in der lavendel- und pinien-duftenden Gegend zwischen Grasse und Cannes. Dort lernte er auch das kulinarische Handwerk, bei Nicolas Polverino, dem Sohn von Picassos Haushälterin, in dessen provencalischem Restaurant.

Längst sind die Polverinos zur Wahlfamilie für Hippe und Krivec geworden, wann immer sie Zeit haben, reisen sie dorthin. Und immer bringen sie Wein und Olivenöl mit, gern auch Schnäpse. Solche, die es sonst in Hamburg nirgends gibt, aus Eberraute etwa. Er brennt ein wenig auf der Zunge, ist beinah cremig und ein guter Abschluss. Zwischendrin wäre er eine Sünde, da sonst gleich der Geschmack weg wäre von der milden Ziegenkäsetarte (9 Euro) oder von der Enten-Paté (9 Euro), die ist robust-raffiniert. Glanzstück der Karte aber ist die Bourride (18 Euro), die kräftige Verwandte der Bouillabaisse. Sie kommt mit ordentlich Einlage, mit Rotbarbe, Steinbeißer, Scampi und Tintenfisch, und hätte auch allein schon Überzeugungskraft mit ihrem würzig-runden Geschmack.

Dazu gibt’s was zum Spielen: Rosmarincroutons und Rouille, deren Knoblauchnote einen nicht erschlägt, sondern eben an Südfrankreich erinnert.

Dazu ein Wein, gern auch ein roter, die Fischsuppe ist kein schwacher Gegner. Oder ein Rosé vom Weingut Chateau St. Martin in Taradeau (0,75 l, 28 Euro). Die Flasche ist so schön, dass man sie hinterher nicht ins Altglas werfen, sondern eine Blume hineinstellen möchte. Überhaupt die Weine: Hippe und Krivec im- portieren selbst und kalkulieren fair, da passt eine zweite Flasche ins Budget. Länger sitzen bleiben möchte man ohnehin. Weil schließlich auch noch ein Dessert dazugehört, eine Crème brûlée mit Lavendel (7 Euro) vielleicht. Oder ein Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern (8 Euro), schon wegen der Crème Anglaise, auf dem es thront.

Und selbst wenn alles aufgegessen ist: Dann ist eben Zeit zu schwelgen – und die Lampen des rot gehaltenen, mit kühlen Schwarz-Weiß-Fotografien verzierten Restaurants zu bewundern. Solche hätten die Inhaber gern gekauft, nachdem sie ähnliche in New York sahen. Da es sie nicht gab, hat Hippe sie selbst gebaut. Auch jedes Bild besitzt eine Geschichte, sogar der Tresen: Darin steckt eine alte Tür. Der Vorbesitzer hat sie mangels Holz vor vielen Jahren dort verbaut.

So ist die Brasserie ein wunderbares Restaurant. Mit der guten, sonnigen Küche Frankreichs und zwei Besitzern, die ihren Gästen ohne Tand, aber mit viel Lebensfreude ein gutes Gefühl geben.

Brasserie La Provence, Eulenstr. 42, 22765 Hamburg, Tel. 30 60 34 07, Di–Sa ab 18 Uhr, www.brasserielaprovence.de

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Kurz-Biografie

2005 hat Stephan Hippe, 46, (l.) seine Schauspielengagements und Boris Krivec, 41 seine Kanzlei auf Eis gelegt, um in Ottensen eine Brasserie nach provencalischem Vorbild zu eröffnen. Krivec kümmert sich dort um die Gäste, Hippe ums Essen. Wann immer sie Zeit haben, reisen sie in die Nähe von Grasse, ihre Wahlheimat, schon seit 1995. Gerade waren sie dort, um ihr Kochbuch fertigzustellen, das im März 2013 erscheinen wird.

REZEPT VON STEPHAN HIPPE

Provencalisches Côte de Bœuf mit Rotwein-Anchovis-Sauce

Für 4 Personen:

1 Côte de Boeuf (Hochrippe vom Rind) ca. 2 kg

600 g Pommes frites

150 g Butter

12 Sardellenfilets in Öl

1⁄2 Zitrone

2 Schalotten, fein gehackt

1 TL getrockneter Rosmarin

1 TL gehackter Knoblauch

1 TL gehackte Petersilie

1⁄2 TL gehackter Thymian

1⁄2 TL Worcestersauce

200 ml Rotwein

Salz, Pfeffer, Zucker

1 Öl in der Pfanne stark erhitzen. Gesalzenes Fleisch beidseitig ca. 5 Min. braten. Im vorgeheizten Ofen bei 180 °C ca. 15 Min. fertig garen (Kerntemperatur für medium ca. 58 °C).

2 Bratensaft aus der Pfanne gießen. 100 g Butter, Sardellen und Schalotten in die Pfanne geben, bei kleiner Hitze schmelzen. Saft der halben Zitrone, Thymian, Petersilie, Worcestersauce und Knoblauch hinzufügen. Rotwein auf die Hälfte reduzieren und in der Pfanne erhitzen. Mit eiskalter restlicher Butter abbinden und Petersilie dazugeben. Mit Salz und Zucker abschmecken. Fleisch aus dem Ofen nehmen, 5 Min. ruhen lassen und gegen die Faser in Scheiben schneiden. Einmal durch die Sauce ziehen und damit anrichten.

3 Für die Pommes Rosmarin in einer Kaffeemühle fein mahlen und mit 2 TL Salz vermischen. Frittierte Pommes damit in einer Schale schwenken.