Mitte Juni ist das „Bündnis für mehr Demokratie in Schleswig-Holstein“ gestartet. Das übergreifende Ziel der Kampagne ist die Einführung bundesweiter Volksentscheide. Da für dieses Vorhaben momentan keine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag vorhanden ist, haben sich die Organisatoren einen besonderen Kniff überlegt. Hintergrund ist, dass in Schleswig-Holstein neben Gesetzen auch über ‚Gegenstände der politischen Willensbildung’ ein Volksentscheid herbeigeführt werden kann. „Diese Möglichkeit wollen wir nutzen und die Landesregierung per Volksentscheid auffordern, sich im Bundesrat für eine Grundgesetzänderung stark zu machen. Diesem Appell aus dem Norden werden sich andere Landesregierungen anschließen und die Einführung bundesweiter Volksentscheide kommt ins Rollen“, sagt Claudine Nierth, Vertrauensperson der Initiativen und Vorstandssprecherin des bundesweit tätigen Vereins „Mehr Demokratie“.

Die zweite Volksinitiative zielt auf eine Vereinfachung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, indem die Gemeinde- und Kreisordnung geändert wird. In bislang 20 Jahren Praxis hat sich nach Ansicht des Bündnisses deutlicher Reformbedarf herauskristallisiert. Hindernisse für aktives Bürgerengagement in den Gemeinden müssten abgebaut werden. So sollen unter anderem Bürgerentscheide über die Bauleitplanung ermöglicht, eine kostenlose Beratung und eine Anhörung der Initiativen gesetzlich geregelt, das Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid von bislang 20 Prozent abgeschafft und das Unterschriftenquorum beim Bürgerbegehren nach der Gemeindegröße gestaffelt werden. „Die Schleswig-Holsteinischen Bürgerinnen und Bürger sollen in Zukunft genauso viel mitentscheiden können wie beispielsweise die Menschen in Bayern, Thüringen oder Hamburg. Nach momentaner Rechtslage scheitern viele Initiativen an gesetzlichen Einschränkungen, die nicht notwendig sind. Das frustriert gerade jene Menschen, die sich aktiv in Belange des Gemeinwohls einbringen möchten“, sagt Rolf Sörensen, Vertrauensperson der Initiativen und Landesvorsitzender von Mehr Demokratie Schleswig-Holstein.

Das breite Bündnis aus bislang 16 Organisationen hat das Ziel, die erforderlichen zweimal 20?000 Unterschriften bis Ende September 2011 zu sammeln. Dann könnte die Volksinitiative noch vor der Wahl im Mai 2012 im Landtag behandelt und anschließend die zweite Stufe – das Volksbegehren – gestartet werden. Wenn die dafür jeweils notwendigen 110?000 Unterschriften zusammen kommen, würde ein Volksentscheid über die Einführung bundesweiter Volksentscheide zeitgleich mit der Bundestagswahl 2013 in Schleswig-Holstein stattfinden können. „Damit setzen wir ein Signal für die gesamte Republik. Das erste Mal in Deutschland können Bürger sich per Volksentscheid für die Einführung deutschlandweiter Volksentscheide aussprechen“, so Nierth. „Der Ruf nach direkter Demokratie endlich auch auf Bundesebene wäre eine deutliche Aufforderung an die künftige Bundesregierung.“ (ms)